(Mynewsdesk) Berufliche Aus- und Weiterbildung sind unverzichtbar für Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und Innovation – doch das deutsche Erfolgs-modell der dualen Ausbildung ist in Gefahr. Beim 3. Nationalen MINT Gipfel diskutieren am 25. Juni in Berlin hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, wie sich die drohende Lücke bei beruflich qualifizierten Fachkräften abwenden lässt.
Das Modell der beruflichen Bildung in Deutschland ist eine anerkannte Erfolgsgeschichte. Dennoch gerät es immer stärker unter Druck: Zum einen droht eine Marginalisierung aufgrund steigender Studierendenzahlen und der demografischen Entwicklung, zum anderen machen die fortschreitenden technologischen Herausforderungen einen Wandel der bisherigen Ausbildungsstrukturen und Inhalte erforderlich. Die Prognosen rechnen mit einer großen Lücke bei beruflich ausgebildeten MINT-Fachkräften. Wie wird die duale Berufsausbildung in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen wieder attraktiv? Wie lassen sich dabei bisherige Stärken bewahren und ausbauen?
Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des 3. Nationalen MINT Gipfels, den Bundesbildungsministerin Johanna Wanka heute in Berlin eröffnet. Sie betont unter anderem erweiterte Möglichkeiten zur Berufsorientierung, darunter individuelle Potenzialanalysen für eine halbe Million Jugendliche, die vom BMBF unterstützt würden. Unter den Teilnehmern des anschließenden Podiums sind Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin des Bundeswirtschaftsministeriums, Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn Heike Hanagarth, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Reiner Hoffmann und Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Zentrale Forderungen zur Stärkung der beruflichen Bildung
Die Mitglieder des Nationalen MINT Forums haben sich auf eine gemeinsame Strategie mit vier Eckpfeilern verständigt, um die berufliche MINT-Bildung zu stärken:
Erstens sollen Karrierewege für beruflich Qualifizierte attraktiver werden. Das bedeutet beispielsweise, Aufstiegsperspektiven über den „Techniker“ oder „Meister“ hinaus zu öffnen. „Solche Chancen müssen mehr als nur sichtbar sein, sie müssen in betrieblichen Karrieren und in der Vergütung konkret werden. Außerdem braucht berufliche Bildung mehr Wertschätzung, sowohl innerbetrieblich als auch gesellschaftlich“, fordert Thomas Sattelberger, einer der beiden Sprecher des Nationalen MINT Forums. „Junge Menschen orientieren sich bei Berufsentscheidungen auch an Aufstiegschancen und möglichen Bildungsrenditen. Arbeitgeber müssen das berücksichtigen, um wieder mehr Nachwuchskräfte für die betriebliche MINT-Ausbildung zu gewinnen.“
Zweitens müssen berufliche und akademische Bildung besser verzahnt werden. Dabei geht es nicht nur um erweiterte Anrechnungs- und Zulassungs-bestimmungen: „Wir brauchen viel mehr echte Hybridmodelle wie das duale Studium. Sie stärken sowohl die wissenschaftlichen Anteile in der Ausbildung, als auch den Praxisbezug im Studium“, sagt Henning Kagermann, ebenfalls Sprecher des Nationalen MINT Forums.
Drittens sollen neue Einstiegsmöglichkeiten in die berufliche MINT-Bildung eröffnet werden. Junge ungelernte Arbeitnehmer, Jugendliche in Übergangs-systemen sowie Nachwuchskräfte mit sozial bedingten Startnachteilen müssen besser gefördert werden. Das gilt auch für Frauen in MINT-Berufen. Bei der Bewerberauswahl sind nicht allein Schulnoten, sondern viel stärker die Potenziale der Bewerberinnen und Bewerber zu betrachten. Auswahlverfahren müssen also durch potenzial- und kompetenzorientierte Komponenten ergänzt werden. Ausbildungsformen müssen individualisiert und gegebenenfalls modularisiert werden.
Viertens sind Berufs- und Studienorientierung neu zu konzipieren, mit einem Schwerpunkt auf praktischen Erfahrungen. Der Erwerb individueller beruflicher Erfahrungen sollte in schulischen Curricula mehr Gewicht haben, ebenso die Orientierung an Rollenvorbildern.
Bundesregierung fördert Potenzialanalysen und bessere Berufsorientierung
Ministerin Wanka begrüßt das Engagement des Nationalen MINT Forums und sagt: „Deutschland ist auf qualifizierte MINT-Fachkräfte angewiesen – aus der akademischen wie aus der beruflichen Bildung gleichermaßen. Beide Bildungsbereiche bieten jungen Menschen attraktive, flexible und gleichwertige Karrierewege.“ Die spätere Entscheidung für eine MINT-Karriere hänge oft eng mit den Erfahrungen in der Schule zusammen. „Ich bin überzeugt, dass ein breites Interesse für naturwissenschaftliche Fragestellungen nur entsteht, wenn wir Kinder frühzeitig und alltagsgerecht für diese Themen begeistern. In der Berufsorientierung brauchen Jugendliche an ihren Kompetenzen ausgerichtete Unterstützung, also individuelle Beratung und Potenzialanalysen. Hier setzen wir an und wollen noch mehr junge Menschen mit unseren Beratungsangeboten erreichen, auch an Gymnasien“, sagt Wanka. Die Bundesregierung erweitert die Möglichkeiten zur Berufs-orientierung und will in den nächsten Jahren über 100.000 jungen Menschen eine Berufseinstiegsbegleitung anbieten; 500.000 Jugendliche sollen von einer individuellen Potenzialanalyse profitieren. „Das gab es in dieser Dimension noch nicht“, so Wanka.
Aktionsprogramm für eine kontinuierliche Stärkung der MINT-Bildung
Am Nachmittag des 25. Juni stellen die Arbeitsgruppen des Nationalen MINT Forums ihre Empfehlungen zu folgenden bildungspolitischen Themen vor:
? MINT-Potenziale heben: Fördermaßnahmen von Kita bis Uni
? Internationalisierung des MINT-Studiums
? Unterstützung regionaler Netzwerke zur MINT-Bildung vor Ort
? Steigerung der Attraktivität von Ingenieurberufen
? Stärkung der MINT-Lehramtsausbildung
? Kontinuierliche und professionelle Unterstützung von MINT-Lehrkräften
? Qualitätssicherung von MINT-Initiativen und -projekten
Pressemitteilung zum Download: www.nationalesmintforum.de/presse
Mehr zum 3. Nationalen MINT Gipfel: http://www.nationalesmintforum.de/658.html
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Über das Nationale MINT Forum
Im Nationalen MINT Forum setzen sich über 30 große, überregional tätige Wissenschafts-einrichtungen, Stiftungen und Verbände gemeinsam für eine bessere Bildung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) entlang der gesamten Bildungskette ein: von der frühkindlichen über die schulische, die berufliche und akademische Bildung bis hin zur Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen. Im Nationalen MINT Forum werden konkrete Forderungen der Wirtschaft und Forschung an Politik und andere gesellschaftliche Akteure formuliert.
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Miriam Höppner
Referentin
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