(Mynewsdesk) VOD: Herr Kaufmann und Herr Joppich: Sie betreuen die deutsche Herren-Basketball-Nationalmannschaft osteopathisch und waren jetzt auch in der Vorrunde der Europameisterschaft in Berlin dabei. Welche Aufgaben hatten Sie genau?
Jens Joppich: Zusammen mit unserem Mannschaftsarzt bilden wir das medizinische Team der Mannschaft. Das heißt, wir behandeln natürlich in erster Linie, stimmen Vorgehensweise bei Verletzungen untereinander ab und ergänzen uns in Präventionsfragen auch mit unserem Athletiktrainer.
Joachim Kaufmann: Wir führen akute und vorbeugende Behandlungen durch: tapen, Salbenverbände, Bestellung von Material, Ernährungsberatung, Getränkebereitstellung. Wir sind auch im Trainerteam voll integriert. Das heißt, es wird die Einsatzfähigkeit vorher verletzter Spieler mit dem Trainerteam diskutiert und festgelegt.
VOD: Warum wird Osteopathie zunehmend im Leistungssport eingesetzt?
Joachim Kaufmann: Vielleicht, weil Osteopathen eher das Ganze sehen als andere Therapeuten und unser Behandlungswerkzeugkasten so vielfältig ist.
Jens Joppich: Ich denke, dass dem Ansatz der ganzheitlichen Behandlung bei immer größeren Belastungen der Athleten eine immer wichtigere Rolle in einer guten medizinischen Abteilung im Leistungssport beigemessen wird. Gerade Athleten, aber mittlerweile auch viele Trainer, erkennen die Vorteile und den positiven Nutzen der Osteopathie.
VOD: Worunter leiden Basketball-Profis am häufigsten?
Joachim Kaufmann: Allgemein lässt sich sagen: an Problemen in den gewichtstragenden Regionen; junge Spieler natürlich besonders an haltungsbedingten Problemen, speziell die langen Spieler.
Jens Joppich: Da gibt es große Unterschiede. Es gibt Spieler, die sehen wir fast nie im Behandlungsraum, andere fast täglich. Einige Spieler, die eine lange Saison gespielt haben und fast direkt zur Nationalmannschaft kommen, bringen noch Probleme vom Saisonende mit in die Vorbereitung der Nationalmannschaft. Diese Spieler brauchen natürlich mehr Behandlung, um die hohe Belastung im Training und dann das Turnier selbst durchzustehen.
VOD: Und was genau machen Sie da als Osteopathen?
Joachim Kaufmann: Einfach unsere Arbeit. Find it, treat it and leave it alone… Wir beobachten auch im Training die Bewegungsabläufe gerade der Spieler mit Problemen sehr genau und können jederzeit reagieren, falls etwas auffällt. Eine kurze Absprache mit dem Doc und Trainer genügt, um zu entscheiden, ob ein Spieler weiter trainiert oder aufhört.
Jens Joppich: Wir versuchen einerseits natürlich Verletzungen so gut wie möglich zu behandeln. Anderseits versuchen wir auch bei kleineren Problemen sofort zu reagieren, um größere Verletzungen zu verhindern. Gerade bei Turnieren wie der Europameisterschaft mit 5 Spielen in 6 Tagen allein in der Vorrunde ist die Gefahr von größeren Folgeverletzungen durch die hohe Belastung gegeben.
VOD: Arbeiten Sie auch präventiv? Wie?
Jens Joppich: Klar ist das ein großer Faktor. Vorbereitung und Nachbereitung von Training und Spielen wird mit Trainern und Athletiktrainer abgesprochen. Wir bekommen die dafür notwendige Zeit vom Trainerteam zur Verfügung gestellt.
Joachim Kaufmann: Ja, das ist absolut normal bei uns. Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie basische Bäder, Dehnung, Stabilisationstraining, Ernährung, auf die wir achten, um einige zu nennen.
VOD: Es gab leider viele Verletzte oder körperlich Vorbelastete im Kader. Wie konnten Sie konkret helfen?
Jens Joppich: Wie das so ist, haben auch wir als Osteopathen Grenzen. Bei schweren Verletzungen speziell durch Körperkontakt im Spiel oder Training, wo Knochen oder Bänder in Mitleidenschaft gezogen werden, sind wir natürlich meistens machtlos.
VOD: Superstar und NBA-Spieler Dirk Nowitzki ist zur Freude aller bei der EM für die deutsche Nationalmannschaft dabei gewesen und begibt sich ebenfalls vertrauensvoll in Ihre Hände. Mit 37 Jahren braucht er sicher eine besondere Behandlung – wie unterscheidet diese sich von denen der anderen Spieler?
Jens Joppich: Wir kennen und behandeln ihn seit vielen Jahren. Einerseits wissen wir so, wo und wie wir ihm helfen können. Andererseits ist er so etwas von professionell, was Prophylaxe und selbstständige Vorbereitung angeht, dass wir es ziemlich leicht mit ihm haben.
Joachim Kaufmann: Also im Prinzip nicht von dem, was wir sonst machen, eben nur häufiger. Er ist leicht zu steuern, weil er uns total vertraut, was die Arbeit mit ihm erfolgreich und angenehm macht.
VOD: Wie sahen Ihre Arbeitszeiten aus?
Jens Joppich: Meistens ging das morgens zwischen 8 und 9 Uhr los. Das Ende war meist zwischen 22 und 23 Uhr. Wir haben auch mal 1 oder 2 Uhr nachts geschafft, wenn Abendspiele anstanden und, wie im Turnier, am nächsten Tag wieder gespielt wurde.
Joachim Kaufmann: Ja, es waren oft sehr lange Tage. Deswegen müssen wir uns auch selbst regelmäßig fit halten. Ich ziehe eher das Training am frühen Morgen vor. Jens ist dazu nicht zu begeistern und opfert lieber unsere kurze Mittagspause.
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