Meerjungfrauenevents in Schwimmbädern boomen. Warum sind Meerjungfrauen in letzter Zeit so beliebt geworden?

Sacha Szabo im Gespräch

Seit letztem Jahr werden plötzlich in den Schwimmbädern Meerjungfrauentage gefeiert. Kleine Mädchen, Frauen und auch mutige Männer streifen sich einen Badeanzug in Form eines Fischschwanzes über und üben sich im eleganten Meerjungfrau Schwimmstil. Warum sind diese Events so plötzlich entstanden und warum sind sie so beliebt? Wir sprachen darüber mit einem Trendforscher, dem Freiburger Soziologen Dr. Sacha Szabo , der für das Institut für Theoriekultur Alltagskulturen untersucht.

Warum sind plötzlich Meerjungfrauen so beliebt?
Sacha Szabo: Es gibt wohl mehrere Auslöser. Einerseits haben Hobbyschneiderinnen angefangen Fischschwänze, die zum schwimmen geeignet sind zu schneidern, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Auch wurden in den letzten Jahren mehrere Fotomodels bekannt deren Alleinstellungsmerkmal war, dass sie als Meerjungfrau unter Wasser posierten. Der Grund für die aktuelle Beliebtheit des Meerjungfrauenrollenspiels liegt wohl bei Zeichentrickfilmen wie etwa Arielle die Meerjungfrau, die aber auf wesentlich ältere Motive zurückgreifen. Diese historische Tiefe macht diese Mode so spannend.

Was sind diese Motive?
Sacha Szabo: Die Meerjungfrau, und im weitestes Sinne gehören dazu auch die Wasserfrau und die Nixen, sind allesamt mythologische Figuren. Allerdings mit ganz unterschiedlichen Qualitäten. Die Wasserfrau gab es bereits in der Antike, Meergöttinnen aber auch Nymphen zählen dazu. Sie repräsentierten das lebenspendende Wasser. Die Nixen wiederum kommen eher aus dem Mittel- und Nordeuropäischen Raum und bringen Tod und Verderben, indem sie arglose Männer verführen und in die Tiefe des Wassers ziehen. Mörikes schöne Lau ist hier vielleicht die bekannteste Figur und dann gibt es natürlich auch noch die klassische Meerjungfrau mit Fischschwanz. Diese Figur strebt nach Erlösung durch Liebe. Eine sehr romantische Figur.

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Warum wurde nun diese so aktuell zu beliebt?
Sacha Szabo: Es ist eine sehr traditionelle Frauenrolle. Die Frau hofft darauf von einem Prinzen erlöst zu werden. Sie muss darauf warten, dass sie geliebt wird und ihre eigene Liebe bleibt, zumindest bei Hans Christian Andersens Märchen, unerwidert. Bei Arielle rettet der Prinz die Meerjungfrau heldenhaft und erlöst sie letztlich so. Immer aber ist die Meerjungfrau der Erlösung bedürftig.

Aber warum ist diese Figur denn jetzt zu beliebt?
Sacha Szabo: Die Rolle der Frau als schutzbedürftig und machtlos steht in einem Reflex zur gesellschaftlichen Wirklichkeit, wo eine Frau die mächtigste Frau im Staat ist. Angela Merkel als Meerjungfrau ist undenkbar. Diese Rollenbilder stellen nun natürlich auch Anforderungen an junge Mädchen und hier ist es ein Reflex, sich der Herausforderung zu verschließen und in eine romantisierende Rolle zu fliehen, in der für einen gehandelt wird. Man kann es auf die Formel zuspitzen: Meerjungfrauen sind ein Reflex auf die Emanzipation.

Es ist also eine Flucht vor der Wirklichkeit in eine Traumwelt?
Sacha Szabo: Es muss keine Flucht sein. Gerade bei kleinen Mädchen und viele der begeisterten Meerjungfrauen in den Schwimmbädern, sind ja junge Mädchen noch vor der Pubertät, hat es etwas mit einem Rollenspiel zu tun. Hier wird eine Märchenfigur nachgespielt. Es ist eher dem Schauspiel zuzurechnen. Es ist eine Art Live-Rollenspiel.

Und wenn Erwachsene solch ein Kostüm anziehen?
Sacha Szabo: Dort ist es auch ein Spiel mit einer Rolle. Es ist zugleich aber auch ein Erfahren welche Dimensionen Weiblichkeit zu bedeuten hat. Schließlich hat der Analytiker C. G. Jung die Meerjungfrau als das weibliche Prinzip, als Anima gedeutet. Es ist eine lebensspendende Figur und gerade im Kanon mit den anderen Wasserfiguren Wasserfrau und Nixe, werden bestimmte Motive der Weiblichkeit inszeniert. Verführung und Tod, Geburt und Leben, Liebe und Glück. Es steckt also wesentlich mehr dahinter als nur einfach “Spaß”.

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Wird dieser Trend bestehen bleiben?
Sacha Szabo: Trends sind ja heutzutage sehr kurzlebig. Aber das Spannungsverhältnis von gesellschaftlichen Anforderungen und dem Umgang mit diesen, das wird wohl bestehen bleiben. Mir persönlich gefällt der Trend. Ich finde ihn sehr romantisch verspielt und vor dem kulturgeschichtlichen Hintergrund ist er auch keineswegs banal.

Vielen Dank!

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