Die Uhr für den Käufer tickt

Dieselaffäre: Rechte des Käufers

Dr. Stefan Jäger und Nicolai Funk, Rechtsanwälte bei Nonnenmacher Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Der VW-Skandal zieht seine Kreise. Spanien und Frankreich wollen Subventionen zurückfordern, Audi hat Strafanzeige gestellt, der erste US-Landkreis hat den Konzern wegen Luftverpestung verklagt. Doch welche Rechte hat der Besitzer eines betroffenen Dieselfahrzeugs? Ist es mit der Nachbesserung getan? Und wie schnell muss er auf sein Recht pochen? Nonnenmacher Rechtsanwälte aus Karlsruhe nimmt zu diesen Fragen Stellung.

Mehr als drei Millionen Fahrzeuge sind in Deutschland vom Abgasskandal betroffen. Statistisch gesehen sind über 60 Prozent davon Firmenwagen und unter 40 Prozent befinden sich in Privatbesitz. Bisher war gerade der Diesel für Vielfahrer eine attraktive Alternative. Mit der Dieselaffäre ändert sich dieses Bild gerade und viele Fahrzeughalter sind verunsichert, welche Rechte sie haben und wie schnell sie gegebenenfalls ihr Recht einfordern müssen.

Aktuell führen das Bundesverkehrsministerium und das Kraftfahrt-Bundesamt Verhandlungen auf höchster Ebene mit den Konzernen. Und die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Was allen Beteiligten klar scheint: Der Hersteller muss nachbessern. Viele wägen sich dadurch offenbar in Sicherheit und vertrauen darauf, dass Vater Staat gemeinsam mit den verantwortungsvoll handelnden Konzernen bald eine Lösung präsentieren wird, die dann auch das Recht des Fahrzeugbesitzers berücksichtigt. Darüber hinaus hat man ja als Käufer gesetzlich zustehende Mängelgewährleistungsrechte – für die versprochenen Eigenschaften muss der Verkäufer einstehen. Ob dem tatsächlich so sein wird ist aber aktuell noch nicht sicher.

Verjährungsfrist maximal 2 Jahre

Die Abwarte-Taktik der Betroffenen kann nämlich laut Dr. Stefan Jäger , Rechtsanwalt bei Nonnenmacher Rechtsanwälte in Karlsruhe, ein Fehler sein. Denn das Mängelgewährleistungsrecht verjährt nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB nach einer Frist von zwei Jahren – bei Gebrauchtfahrzeugen kann der Verkäufer diese Frist sogar vertraglich noch abkürzen. Somit verlieren täglich zahlreiche Käufer allein aufgrund dieses Fristablaufs ihren Anspruch auf Nachbesserung, Minderung des Kaufpreises, Rückabwicklung des Vertrags oder Zahlung von Schadensersatz. Nach Eintritt der Verjährung ist der Käufer auf das Wohlwollen des Herstellers angewiesen – und aufgrund der zu erwartenden Klagewelle kann man sich eine Kulanz des Herstellers nur schwer vorstellen.

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Besser nicht auf Nachbesserungsangebot warten

Unklar ist aktuell auch noch, welche Auswirkungen der Mangel tatsächlich mit sich bringen wird: Handelt es sich um eine Bagatelle? Oder um einen schwerwiegenden Mangel, der sich ohne anderweitige Nachteile gar nicht beheben lässt?

Man sollte sich, so Nicolai Funk , wie Dr. Jäger Rechtsanwalt bei Nonnenmacher Rechtsanwälte in Karlsruhe, nicht darauf verlassen, dass die Hersteller von sich aus ausreichende Nachbesserungsmaßnahmen anbieten. Und auch hier tickt die Uhr. Selbst wenn nachgebessert wird, ist es völlig unklar, wie sich diese Nachbesserung auswirkt. Im schlimmsten Fall werden damit die angegebenen Abgaswerte zwar eingehalten – aber als Preis dafür muss der Käufer anderweitige Einschränkungen hinnehmen, wie zum Beispiel einen deutlich höheren Verbrauch und eine verminderte Leistung. Diese Einschränkungen werden dann möglicherweise die bereits beschriebenen Ansprüche auslösen. Ist die Verjährungsfrist jedoch abgelaufen, kann der Käufer auch diese Ansprüche nicht mehr geltend machen.

Wahrscheinlich trägt auch der Verkäufer das Haftungsrisiko

Die nächste Frage ist: Wer haftet eigentlich für die gezielte Täuschung durch den Hersteller? Das Problem liegt hier darin, dass der täuschende Hersteller üblicherweise nicht in einer vertraglichen Beziehung zum Käufer steht – aber der Verkäufer als Vertragspartner nicht getäuscht hat. In diesem aktuellen Ausmaß der Täuschung durch einen Hersteller handelt es sich um ein Novum – nicht nur aus rechtlicher Sicht. Es dürfte darum derzeit noch offen sein, ob in diesem Fall nur der Hersteller oder nicht sogar der Verkäufer für die gezielte Täuschung des Herstellers einstehen muss. Eine einschlägige Rechtsprechung, insbesondere von Obergerichten oder dem Bundesgerichtshof (BGH), gibt es hierzu, soweit ersichtlich, noch nicht.

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Der BGH hat zu dieser Thematik bislang jedoch ganz allgemein ausgeführt, dass der Käufer dem Verkäufer die Täuschung durch einen Dritten entgegenhalten kann – wenn das Verhalten des Dritte – in diesem Fall des Herstellers – dem Verkäufer “wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zugerechnet werden muss”. Es lässt sich aufgrund dieser Ausführung die Auffassung vertreten, dass der Verkäufer tatsächlich für die Täuschung des Herstellers gegenüber dem Käufer einstehen muss – vor allem wenn es sich dabei um Vertragshändler handelt. Der Händler seinerseits kann sich dann gegebenenfalls wieder an den Hersteller halten.

Der Skandal kann zum lukrativen Geschäft für den Käufer werden

Nach Auffassung von Rechtsanwalt Nicolai Funk wird die arglistige Täuschung im Abgas-Skandal dem Verkäufer zugerechnet werden müssen. Bestätigen die Gerichte diese Auffassung, droht vorerst keine Verjährung der Rechte wegen des Mangels. Gewissheit gibt es derzeit jedoch nicht. Darüber hinaus bekäme der Käufer weitere Handlungsoptionen, die sicherlich nicht durch die angekündigte Abhilfe der Hersteller abgedeckt werden. So könnte der Käufer sein Fahrzeug – nach Anfechtung oder Rücktritt – gegen Erstattung des Kaufpreises und unter Anrechnung seiner Nutzung zurückgeben. Da die Nutzung linear berechnet wird, das Fahrzeug aber einen degressiven Wertverlust erleidet, könnte der Abgas-Skandal für den Käufer zu einem lukrativen Geschäft werden.

Hierzu folgendes Beispiel: Der Käufer erwirbt ein Kraftfahrzeug zu einem Neupreis von 30.000 Euro. Nach zwei Jahren Nutzung und 20.000 gefahrenen Kilometer, hat das Kraftfahrzeug noch einen Marktwert von 15.000 Euro. Hat der Käufer bei einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des Kraftfahrzeugs von 200.000 km aber erst 20.000 km zurückgelegt, kann er das Kraftfahrzeug gegen Erstattung von 27.000 Euro (der Abzug beträgt 10 % des Neuwagenpreises) an den Händler zurückgeben. Im konkreten Beispiel hätte der Käufer also einen “Gewinn” von 12.000 Euro gemacht.

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Empfehlung: Rechte vor Ablauf der Verjährungsfrist sichern

Aufgrund dieser Überlegungen empfiehlt Dr. Jäger den Käufern, sich ihre Rechte dringend vor dem Ablauf der Verjährungsfrist zu sichern. Dies kann man beispielsweise tun, indem man den Verkäufer auffordert, sich bis zur abschließenden Klärung nicht auf den Eintritt der Verjährung zu berufen, selbst wenn die Verjährungsfristen abgelaufen sind. Lässt sich der Verkäufer nicht darauf ein, bleiben in erster Linie gerichtliche Schritte, um den Verjährungseintritt zu verhindern. Zu Vermeidung von Kosten könnte auch ein Schlichtungsverfahren vor einer anerkannten Gütestelle eingeleitet werden.

Stets aktuelle Informationen im Web

Auf der neu eingerichteten Website www.dieselgate-rechte.de werden ab sofort und stets hoch aktuell alle Informationen rund um die Rechte der Käufer von Dieselfahrzeugen zusammengetragen. Auch finden betroffene Käufer auf dieser Seite ein kostenloses Musterschreiben, mit dem sie den Verkäufer zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung auffordern können.

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