Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen, zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 2014, Aktenzeichen 1 BvR 2851/13.

Ausgangslage:

Ein Vermieter hatte seiner Mieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Besondere: Der Vermieter, ein in Hannover wohnender Arzt, hatte seiner Mieterin mit der Begründung gekündigt, er brauche die Wohnung für gelegentliche Besuche bei seiner unehelichen Tochter in Berlin-Friedrichshain. Da die Miete für diese Wohnung sehr günstig war (262 EUR kalt für 57 m²), kam der Verdacht auf, der Eigenbedarf sei nur vorgeschoben, um die Mieterin loszuwerden und die Wohnung später deutlich teurer vermieten zu können. Die Mieterin zog nicht aus, da sie den Eigenbedarf für nicht gegeben hielt. Der Vermieter erhob Räumungsklage und war zunächst vor dem Amtsgericht unterlegen. Das Landgericht Berlin sah die Rechtslage dann anders und gab der Räumungsklage statt. Die Revision ließ das Landgericht nicht zu. Der Bundesgerichtshof nahm die hiergegen von der Mieterin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Gegen die für sie nachteilige Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat dann die Mieterin das Bundesverfassungsgericht angerufen – erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Bisherige Rechtslage:

Es liegt auf der Linie der ständigen Rechtsprechung gerade auch des Bundesverfassungsgerichts, dass die Anforderungen an die Begründung des Eigenbedarfs eines Vermieters nicht überzogen werden dürfen.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts:

Der Vermieter muss weder nachweisen, dass er die Wohnung wegen Umzugs oder Kündigung selbst benötigt, noch muss er vortragen, dass er die Wohnung zu seinem neuen Lebensmittelpunkt machen wolle. Vielmehr reiche es für eine Eigenbedarfskündigung regelmäßig aus, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums aufzeigen könne. Insbesondere einen Mangel an Wohnraum müsse nicht vorgetragen werden.

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Bewertung:

Damit stößt das Bundesverfassungsgericht die ohnehin bereits weit offene Tür für “Luxuskündigungen” weiter auf. Ein solcher Grund, wie der im vorliegenden Fall, kann natürlich immer gefunden werden. Letztlich hat jeder einen guten Grund, regelmäßig in irgendeiner Stadt aufhältig zu sein. Wahrscheinlich kann man dann auch in Bayreuth wegen Eigenbedarfs kündigen, weil man einmal im Jahr (aber jedes Jahr) die Bayreuther Festspiele besuchen will. Ein Kunstfreund könnte mit der Begründung, dass er auf dem Lande lebt und regelmäßig in Berlin die Theater besuchen möchte, ebenfalls kündigen. Das geht zu weit. Sicher war der vorliegende Fall ein Grenzfall, das Signal, das von dieser Entscheidung ausgeht, ist allerdings fatal. Gerichte werden den Eigenbedarf künftig noch unkritischer überprüfen. Dabei wird aus meiner Sicht vergessen, dass es letztlich immer auch eine Frage der Plausibilität der vorgetragen Eigenbedarfsgründe ist, ob der Eigenbedarf ausreichend dargelegt ist. Gerade wenn es um “innere Tatsachen” geht, wie zum Beispiel im vorliegenden Fall der Wunsch, künftig seine Tochter zu besuchen und hierbei in der streitgegenständlichen Wohnung zu übernachten, ist besondere Skepsis der Gerichte geboten, um einem Missbrauch entgegenzuwirken.

Quelle:

Pressemitteilung Nr. 44/2014 vom 9. Mai 2014 zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 2014, Aktenzeichen 1 BvR 2851/13

Fachanwaltstipp Vermieter:

Vermieter müssen für dieses Urteil dankbar sein. Die Instanzgerichte werden künftig unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die in der Sache ja eigentlich nur ein Nichtannahmebeschluss der Verfassungsbeschwerde aus prozessualen Gründen ist, im Zweifel eher zu Gunsten des Vermieters entscheiden. Trotzdem müssen Vermieter natürlich die formalen Anforderungen einhalten und den Eigenbedarf bereits in der Eigenbedarfskündigung selbst ausreichend begründen. Die Umstände, auf die man sich berufen will, müssen umfassend dargelegt werden.

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Fachanwaltstipp Mieter:

Ein weiterer schwarzer Tag für Mieter in Sachen Eigenbedarfskündigung. Mieter werden ihr Heil auch künftig verstärkt in der formalen Argumentation und in der zeitlichen Komponente (verzögern des Auszugs solange wie möglich) suchen müssen. Trotzdem rate ich jedem Mieter, eine Eigenbedarfskündigung genau überprüfen zu lassen. Falls der Vermieter später die Wohnung tatsächlich teurer weitervermietet, kann Schadensersatz verlangt werden. Das kann für den Vermieter sehr teuer werden.

17.2.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

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