ARAG Experte Tobias Klingelhöfer zum neuen Trend “urban beekeeping”

Imkern in der Stadt

Zwei Bienenstöcke im Schrebergarten

Das Halten von einigen Bienenvölkern und das Produzieren des eigenen Honigs liegt voll im Trend; die Imkerei ist schon längst kein Altherren-Hobby mehr. Dabei ist noch nicht einmal ein eigener Garten oder eine ländliche Umgebung vonnöten. Immer mehr Stadtbewohner entdecken die Honigbiene als Haus- und Nutztier. Parkanlagen, Hausgärten, Alleen, verwilderte Grundstücke, ja selbst Verkehrsinseln und Balkonpflanzen bieten den Bienen stets einen reich gedeckten Tisch. Doch wo viele Menschen und Tiere auf engem Raum zusammenkommen, ergeben sich immer auch rechtliche Fragen. Die beantwortet der ARAG Rechtsexperte Tobias Klingelhöfer.

Darf man überhaut ohne Weiteres auf dem eigenen Grundstück Bienen halten?
Tobias Klingelhöfer: Ja! Gesetzlich ist es zumindest grundsätzlich nicht verboten, auf seinem eigenen Grundstück eine Imkerei in beliebig großem Umfang zu betreiben. Das Gleiche gilt auch für ein fremdes Grundstück, das der Imker zu diesem Zweck gepachtet hat oder für das ein Einverständnis des Eigentümers vorliegt.

Gilt das auch, wenn sich Nachbarn – z. B. durch besonders viele Bienenvölker – gestört fühlen?
Tobias Klingelhöfer: Aus § 906 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich für den Nachbarn die Pflicht, Bienenflug zu tolerieren, wenn die Nutzung seines Grundstückes dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Geht die Beeinträchtigung über das zu tolerierende Maß hinaus, greift der § 1004 BGB! Dieser gibt dem Eigentümer eines Grundstückes einen Anspruch auf Beseitigung gegenwärtiger und Unterlassung drohender wesentlicher Beeinträchtigungen. Der Nachbar kann sich also gegen Beeinträchtigungen seines Grundstückes wehren.

Wann ist eine Beeinträchtigung durch Bienen denn wesentlich?
Tobias Klingelhöfer: Ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, richtet sich nach dem Empfinden eines verständig wertenden Durchschnittsmenschen. Auf dieser Grundlage findet eine Interessenabwägung statt. Dabei werden Schwere und Dauer der Einwirkung berücksichtigt, die Lebensgewohnheiten der Menschen im Umfeld und die Zweckbestimmung des beeinträchtigten Grundstück. Die Auslegung ist also stets eine Frage des Einzelfalls. Beispielsweise sind Beeinträchtigungen durch einen oder zwei Bienenstiche in der Regel unwesentlich; genau wie Verschmutzungen durch Bienenexkremente, insbesondere an Wäschestücken und Fahrzeugen, hervorgerufen durch den Reinigungsflug der Bienen zu Frühjahrsbeginn.

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Trotz allem haben viele Menschen Angst vor Bienenstichen. Was sagen die Gerichte?
Tobias Klingelhöfer: Das Halten von Bienen in einem reinen Wohngebiet ist gestattet, auch wenn der Stich einer Biene ein Risiko für kranke Nachbarn darstellen könnte. So entschied beispielsweise der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem Fall, in dem ein Bienenstand mit fünf Bienenvölkern bereits vom Landratsamt genehmigt worden war. Gegen die Genehmigung hatte eine Nachbarin mit Hinweis auf das nachbarliche Rücksichtnahmegebot Einspruch eingelegt. Sie führte an, sie leide an einer akuten Herz-Kreislauf-Erkrankung, sodass der Stich einer Biene für sie ein Risiko darstelle. Als der Widerspruch erfolglos blieb, klagte die Nachbarin vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Das Gericht wies die Klage ab, wogegen die Nachbarin in Berufung ging. Doch auch der Verwaltungsgerichtshof sah das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt. Zwar würden die Bienen das Grundstück der Klägerin aufsuchen, doch würden sich Bienen beim Sammeln friedlich verhalten. Demnach sei eine Gefährdung der Nachbarin unwahrscheinlich. Ihre Angst vor einem Stich spiele keine Rolle (5 S 2352/92).

Wie sieht es im Kleingartenverein aus. Darf in der Satzung das Imkern untersagt werden?
Tobias Klingelhöfer: Ist der Kleingartenverein ins Vereinsregister beim Amtsgericht eingetragen (erkennbar an dem Zusatz “e.V.”), so ist er eine juristische Person im Sinne des Gesetzes und darf sich eine eigene Satzung geben. Die Satzung besitzt den Charakter sowohl eines Vertrags als auch einer Rechtsvorschrift. Ist auf den zum Verein gehörenden Parzellen das Halten von Bienenvölkern untersagt, ist das durchaus rechtens. Ist laut Satzung die Einwilligung der Nachbarn vonnöten, reicht es unter Umständen, wenn ein Nachbar seine Einwilligung verweigert: Zwar kommen Kleingärtner nicht umhin, wilde Insekten wie Wespen, Hummeln und Mücken zu dulden – deshalb ist auch die Duldung von Bienen naheliegend. Hat der Nachbar allerdings eine Allergie gegen Bienengift, muss seine Verweigerung des Einverständnisses akzeptiert werden.

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Reicht die bloße Behauptung, allergisch zu reagieren aus, um Nachbarn das Imkern zu untersagen?
Tobias Klingelhöfer: Die Behauptung, eine Allergie zu haben, wird immer häufiger auch im Rechtsstreit als Argument gegen Bienen vorgetragen. Ob tatsächlich eine – vielleicht sogar lebensbedrohende – Allergie gegen Bienengift vorliegt, kann nur ein Arzt feststellen. Eine bloße Behauptung ist solange ausreichend, bis sie von der anderen Seite bestritten wird. Dann muss der Vortragende im Zivilprozess seine Behauptung beweisen.

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