„Jeder Mensch ist kostbar“ – so steht es im Leitbild des Dominikus-Ringeisen-Werkes (kurz „DRW“, dominikus-ringeisen-werk.de), das im Jahr 1884 durch den gleichnamigen Priester in Ursberg (Schwaben) gegründet wurde. Dass dieses Leitbild im Alltag auch tatsächlich gelebt wird, davon konnten sich einige Wirtschaftsjunioren aus Bad Kissingen am Samstag, den 27.11.2012 überzeugen.
Die jungen Unternehmer und Führungskräfte waren nach Maria Bildhausen gekommen, wo die Haupt-Einrichtung des DRW in Unterfranken ihren Sitz hat. Hier werden in Heimen und dezentralen Wohnangeboten, in Werkstätten sowie durch ambulante Hilfe ca. 400 Menschen mit verschiedensten Behinderungen von ca. 300 Mitarbeitern betreut. Wie der stellvertretende Gesamtleiter Michael Nowotny seinen Besuchern eindrucksvoll schilderte, tritt man im DRW, einer kirchlichen Einrichtung, auf der Grundlage des christlichen Weltbilds für die Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Förderung von Teilhabe und Selbstbestimmung, Vermittlung von Glaubens- u. Lebensfreude, Mitarbeiterorientierung und ein offener und respektvoller Umgang miteinander seien dabei von größter Bedeutung, erläuterte Herr Nowotny anhand vieler Beispiele.
Während eines Rundgang durch die Anlage, gab er den Wirtschaftsjunioren einen kleinen Abriss der Geschichte von Maria Bildhausen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Im anschließenden Gespräch schilderte Nowotny aktuelle Entwicklungen in der Behindertenhilfe, z.B. die Tendenz zur Dezentralisierung. „Wo es früher normal war, möglichst viele Menschen in einem großen Heim unterzubringen, wünschen sich Angehörige und Betroffene heute zunehmend kleinere Wohngruppen, die möglichst nah an ihrem Wohnort liegen“ erklärte er. In Maria Bildhausen habe man darauf bereits reagiert und Wohngruppen in Münnerstadt und Bad Königshofen eingerichtet. Auch neue gesetzliche Grundlagen und daraus resultierende Probleme wurden erörtert, wie beispielsweise das „Pflege-, Wohn- u. Qualitätsgesetz“ von 2011, das unter anderem plötzlich Einzelzimmer mit einer Größe von mindestens 14m2 vorschreibt. Das sei „eine äußerst schwierige Situation“ für Maria Bildhausen, wo nahezu alle Zimmer nur die bisher erforderlichen 12m2 aufweisen, so Nowotny. Bis 2015 müsse nun ein Konzept vorgelegt werden, wie man in den nächsten 15 Jahren entsprechende Umbaumaßnahmen, die natürlich mit gewaltigen Kosten einhergehen, umsetzen werde. In der Behindertenhilfe, so erklärte der stellvertretende Betriebsleiter seinen jungen Besuchern aus der Wirtschaft ,müsse man heute zunehmend einen Spagat machen zwischen strenger Reglementierung durch verschiedenste Behörden und einem Zwang zur Marktorientierung. Anhand von Marktanalysen werden z.B. die aktuelle Versorgungssituation und der Bedarf in der Region durchleuchtet, damit man anschließend möglichst passende neue Projekte ins Leben rufen kann. Aktuell plant Maria Bildhausen beispielsweise, unterstützt von der „Aktion Mensch“, ein Projekt für Menschen mit „erworbener Hirnschädigung“ (z. B. durch einen Verkehrsunfall). Auch den speziellen Anforderungen von „Senioren mit Behinderung“ müsse man sich künftig noch stärker widmen, so Michael Nowotny, weil auch behinderte Menschen heute immer älter werden. Außerdem kommen in den letzten Jahren immer neue Formen von Behinderungen hinzu. So gibt es, mehr denn je, psychisch Erkrankte, die z. B. nach einem Burn-Out nicht mehr zurück ins Leben finden, oder sozial behinderte Menschen, die mit dem Tempo und dem Leistungsdruck in unserer Gesellschaft nicht zurechtkommen.
Nach fast 2,5 Stunden waren die Fragen der Wirtschaftsjunioren beantwortet und alle waren sehr beeindruckt von Nowotnys Ausführungen.
Ulli Zettner, Vorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren Bad Kissingen: „Ich habe meinen Kollegen im letzten Jahr die Betriebsbesichtigung in Maria Bildhausen vorgeschlagen, weil ich die Einrichtung schon lange persönlich kenne und die Arbeit dort sehr schätze. In der Initiative „Zeit statt Geld“ (Näheres dazu unter www.bildhausen.de) treffe ich mich schon länger in regelmäßigen Abständen mit einem der Bewohner und unternehme mit ihm gemeinsam verschiedene Ausflüge. Ein solches ehrenamtliches Engagement kann ich nur jedem empfehlen – zum einen, weil man damit Mitmenschen wirklich spürbar eine Freude macht und zum anderen, weil es auch das eigene Leben sehr bereichert. Für uns Wirtschaftsjunioren war im Bezug auf Maria Bildhausen natürlich auch der wirtschaftliche Aspekt sehr interessant, denn hier nehmen viele Menschen mit Behinderung ganz aktiv am Wirtschaftsleben der Region teil – mit allen unternehmerischen Herausforderungen für die Verantwortlichen – wie Herr Nowotny uns eindrucksvoll geschildert hat. Ich bedanke mich für die Führung und das interessante Gespräch und rate allen, einfach mal im Bildhausener Klosterladen vorbei zu schauen oder zum Weihnachtsbasar am 24. und 25.November zu kommen. Da gibt es wieder Selbstgemachtes aus den Werkstätten (Kerzen, Holzspielzeug, Getöpfertes, Adventskränze u.v.m). Und man kann sich selbst von der einzigartigen Atmosphäre in Maria Bildhausen überzeugen.“
Andreas Kröckel (Kreissprecher 2012 der Wirtschaftsjunioren Bad Kissingen), Tel: 09736 / 1215, eMail: info@kroeckel.de
Die Wirtschaftsjunioren (WJ) sind mit rund 10.000 aktiven Mitgliedern aus allen Bereichen der Wirtschaft der größte Verband junger Unternehmer und Führungskräfte in Deutschland. Sie tragen Verantwortung für rund 300.000 Arbeitsplätze, 35.000 Ausbildungsplätze und mehr als 120 Milliarden Euro Umsatz. Die Mitglieder sind zwischen 18 und 40 Jahre jung, denken unternehmerisch und engagieren sich in ihrem Netzwerk ehrenamtlich für die Zukunft unseres Landes. Der WJ-Kreis Bad Kissingen besteht derzeit aus 51 Mitgliedern, 7 Gästen und 61 Fördermitgliedern (über 40 Jahre).
Die Wirtschaftsjunioren sind überparteilich, aber nicht unpolitisch. Sie wollen Einfluss auf die Politik nehmen, um die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass auch zukünftige Generationen in unserem Land erfolgreich arbeiten und glücklich leben können. Als Unternehmer und Führungskräfte wollen sie Vorbild sein und ihrer Verantwortung für unsere Gesellschaft gerecht werden. Deshalb engagieren sie sich vor Ort in konkreten Projekten.
Informationen über die Wirtschaftsjunioren Bad Kissingen und deren Veranstaltungsprogramm gibt es unter www.wj-badkissingen.de und www.wj-bk.de. Einen Einblick in die vielseitige Kreisarbeit und eine Möglichkeit, die Kissinger WJ-Mitglieder ganz unverbindlich und ungezwungen kennenzulernen bietet die facebook-Gruppe „Wirtschaftsjunioren Bad Kissingen“.