Komponist Erkki-Sven Tüür gibt in Ulm eine Konzerteinführung

(NL/9634335957) Am 28. Januar spielen das estnische Prezioso String Quartet und der ebenfalls aus Estland stammende Pianist Hando Nahkur im Rahmen der Reihe “klassisch! – Kammermusik im Stadthaus Ulm” Werke ihres Landsmanns Erkki-Sven Tüür. Der Komponist spricht vor dem Konzert über sein neues Streichquartett “Lost Prayers”.

Erkki-Sven Tüür, 1959 auf Estlands zweitgrößter Insel Hiiumaa geboren, ist unstreitig einer der bedeutendsten Komponisten Europas. Berühmtheit erlangte der international gefeierte Künstler vor allem durch seine Orchesterwerke (z.B. “Lighthouse” und “Insula deserta”) sowie seine mittlerweile acht Sinfonien und Solo-Konzerte (zuletzt das Klarinettenkonzert “Peregrinus Ecstaticus”, 2012). Daneben hat Tüür auch mehrere Ensemble-Werke komponiert. Sein zweites Streichquartett “Lost Prayers” (zu Deutsch: “Verlorene Gebete”) schrieb er 2012 im Auftrag des renommierten ARD-Musikwettbewerbs. Gewinner des damaligen Wettbewerbs war das Armida Quartett, das seitdem eine steile Karriere hingelegt und im Jahr darauf auch im Rahmen der von der Ulmer “Südwest-Presse” ins Leben gerufenen Reihe “klassisch! – Kammermusik im Stadthaus” konzertiert hat. Am Mittwoch, den 28. Januar 2015, wird das estnische Prezioso String Quartet (Hanna-Liis Nahkur und Kristel Kiik, Violine; Helena Altmanis, Viola; Andreas Lend, Cello) das Werk im Stadthaus Ulm spielen. Nach der Uraufführung 2012 in München ist dies die zweite Aufführung des Quartetts in Deutschland.

“Lost Prayers” ist mit seinen knapp 13 Spielminuten ein ebenso konzentriertes, intensives wie emotional tief berührendes Werk Das einsätzige Quartett unterhält – bei aller Modernität – viele geheime Beziehungen zur Tradition des gregorianischen Chorals, zum Frühbarock vom Schlage eines Heinrich Schütz und zur Romantik. Es ist dezidiert für die Instrumente, nicht gegen sie, geschrieben und bereichert die Reihe der avancierten Quartettliteratur um ein gewichtiges Werk.

Den Titel des Quartetts und seine geistigen Implikationen erläutert der Komponist mit folgenden Worten: “Hinter dem Titel Lost Prayers steht die Vorstellung einer großen Wolke stiller Schreie all der unzähligen Leute, die in ihren kritischsten Lebenssituationen bewusst oder unbewusst ihren Schrei nach Hilfe an Gott oder die Unendlichkeit ausgedrückt haben – ohne zu wissen, ob sie überhaupt gehört werden und unabhängig davon, ob sie gläubig sind oder nicht. Verloren nannte ich die Gebete deshalb, weil sich viele Menschen später ihrer Anrufungen vielleicht nicht mehr bewusst sind. In dieser großen abstrakten Wolke, die sich in der Unendlichkeit fortbewegt, existieren die Gebete aber weiter – in ihr sind sie gewissermaßen aufgehoben. Diese spirituelle Dimension wollte ich in meinem Werk zum Ausdruck bringen.”

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Im Konzert am 28. Januar erklingt von Erkki-Sven Tüür außerdem noch die 1985 entstandene Klaviersonate – ein Frühwerk des Komponisten, der es seinerzeit für seine Frau Anne – sie ist Pianistin – zum Abschluss ihres Studienexamens an der Musik-Akademie Tallinn schrieb. Tüürs eigenen Worten zufolge ging es ihm in der Sonate darum, minimalistische Kompositionsverfahren, die damals vor allem in den USA im Schwange waren, mehr in Richtung dramatische Expression auszuweiten und dabei die Kontraste verschiedener Klangfarben zum Ausdruck zu bringen.

Hando Nahkur, der aus Estland stammende und heute in den USA lebende Pianist, der die Sonate auch auf seiner Debüt-CD “DeusExClavier” (ERP 3410) aufgenommen hat und sie am 28. Januar in Ulm spielen wird, beschreibt das Stück folgendermaßen: “Erkki-Sven Tüürs Klaviersonate ist eines dieser Werke, die alles besitzen, was man sich als Interpret und Zuhörer nur wünschen kann: Originalität, wundervolle musikalische Ideen und Erfindungsreichtum in allen drei Sätzen sowie eine breite Palette an Klangfarben und Rhythmen. Der Grund, warum die Werke von Tüür so genial sind, liegt darin, dass er inspirierende Ideen in musikalische Strukturen überführt und seine Zuhörer an diesem kreativen Prozess aktiv teilhaben lässt.”

Infos zum Konzert:
28. Januar 2015, Stadthaus Ulm. Beginn: 20 Uhr. Die Konzerteinführung von und mit dem Komponisten Erkki-Sven Tüür findet voraussichtlich um 19 Uhr statt (genaue Zeit wird noch bekannt gegeben).
Karten sind beim Kartenservice der Ulmer Südwest-Presse (Frauenstraße 77) erhältlich, telefonische Reservierung unter 0731 / 156-423

Das Konzertprogramm:
Erkki-Sven Tüür: Klaviersonate (Solist: Hando Nahkur)
Sergej Prokofjew: Streichquartett Nr. 2 F-Dur, op. 92 (Prezioso String Quartet)
Erkki-Sven Tüür: Streichquartett Nr. 2 “Lost Prayers” (Prezioso String Quartet)
– Pause –
Robert Schumann: Klavierquintett Es-Dur, op. 44 (Hando Nahkur Prezioso String Quartet)

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Hinweis:
Der SWR wird am 26. Januar um 15:45 Uhr in seinem Musikmagazin “SWR2 Cluster” über die “klassisch!”-Reihe berichten: http://goo.gl/L2vW9B

Über die Reihe “klassisch! – Kammermusik im Stadthaus”
Die Konzertreihe “klassisch! – Kammermusik im Stadthaus” veranstaltet die Südwest-Presse mit Unterstützung des Stadthauses. Das Programm gestaltet die Kulturredaktion der Südwest-Presse (verantwortlich: Jürgen Kanold) in Zusammenarbeit mit Susanne Rudolph, Henning Reinholz und Dr. Burkhard Schäfer. Die Konzertreihe war von Beginn an (im April 2013) ein großer Publikumserfolg, was nicht zuletzt in der Auswahl der Künstler und Ensembles begründet liegt. So spielten etwa bereits Natalia Prishepenko und Thomas Hoppe, das Armida- und Fauré-Quartett sowie das Nightingale Sting Quartet, das Cuarteto Casals und das Quatuor Voce im Stadthaus Ulm. Neben dem Prezioso String Quartet und Hando Nahkur werden in der Spielsaison 2015/16 unter anderem das niederländische Van Baerle Trio und der Cellist Alban Gerhardt Gäste der “klassisch!”-Reihe sein. Nähere Infos zu den Konzerten finden sich auf der Website der Südwest-Presse – www.swp.de – und auf dem Blog der Programmgruppe unter diesem Link: http://klassisch-in-ulm.tumblr.com

Über das Prezioso String Quartet
Das Prezioso String Quartet wurde 2006 in Tallinn gegründet und ist eines der besten Ensembles seines Landes. Die vier Musiker studierten an der Estnischen Akademie für Theater und Musik und wurden dort von Henry-David Varema unterrichtet. Alle Quartettspieler sind zudem Mitglieder des Estnischen Sinfonie-Orchesters. Das international mehrfach ausgezeichnete Prezioso Quartett besuchte Meisterklassen beim Petersen Quartett (Deutschland), bei Johannes Goritzki, Lydia Mordkovitch, Lluis Claret, David Takeno, Christoph Poppen und Toomas Vavilov sowie bei dem berühmten estnischen Dirigenten Paavo Järvi. 2012 erschien beim Label ERP die Debüt-CD des Ensembles mit Werken von Erwin Schulhoff, Anton Webern, Jaan Rääts und Peteris Vasks. Weitere Infos unter www.prezioso.ee

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Über Hando Nahkur
Hando Nahkur, 1982 in Tallinn geboren, konnte sich in den letzten Jahren als einer der herausragendsten Pianisten seines Landes etablieren und gilt als Senkrechtstarter unter den Interpreten seiner Generation. Bereits im Alter von fünfzehn Jahren debütierte er als Solist mit dem Estonian National Opera Symphonie Orchestra und mit sechzehn Jahren mit dem Estonian National Symphonie Orchestra unter dem Dirigat von Arvo Volmer. Damit war er der jüngste estnische Pianist, der jemals von diesem Klangkörper eingeladen wurde. Seit rund zehn Jahren macht Hando Nahkur in den USA Karriere. Er besuchte Meisterklassen auf der ganzen Welt unter anderem bei Yoheved Kaplinsky an der Texas Christian University School of Music, bei Christopher Elton, emeritierter Professor der Royal Academy of Music London und dem 2005 verstorbenen legendären russischen Pianisten Lazar Berman. An der Hochschule für Musik und Tanz Köln nahm er an der Meisterklasse von Arbo Valdma und im schweizerischen St. Moritz am internationalen Meisterkurs von Hans Schicker teil. Er gewann viele Preise, zuletzt den renommierten Harold Von Mickwitz Prize der Southern Methodist University sowie den ersten Preis bei der Algur H. Meadows International Concerto Competition in Dallas, USA. Im Jahr 2010 erschien beim Plattenlabel ERP sein Debüt-Album “DeusExClavier” mit Werken von Bach/Busoni, Erkki-Sven Tüür, Franz Schubert und Robert Schumann, das von der ZEIT ONLINE 2011 zur “Platte des Jahres” gekürt wurde. Weitere Infos unter www.handonahkur.com

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