Weltmännertag 2012 – Warum Männer andere Süchte haben als Frauen

Schneller, höher, weiter: Männer messen sich zumeist an ihren Leistungen. Beruflicher Erfolg, sportliche Fitness und jeder Aufgabe gewachsen zu sein, das sind Männer in unserer modernen Gesellschaft. Oder zumindest scheint dies das Männerbild zu sein in das sich viele Männer pressen wollen. Scheitern, emotionale Notlagen und Versagen werden besonders bei Männern tabuisiert und verschwiegen. Auswege sind oft Alkohol, Spielsucht und Drogen.

Sulzberg, 03.11.2012
Leicht war es damals nicht gewesen sich sein Problem einzugestehen, sagt Uwe H. heute. Der 47 Jährige hat alles gehabt und schließlich alles verloren sagt er inzwischen. Als erfolgreicher Unternehmer in der Baubranche hatte er sich einen Namen gemacht, ein schönes Haus gehabt. Seine Frau, die er bereits in der Oberschule kennen lernte, hatte keinen anderen Ausweg gesehen als ihn zu verlassen. Seitdem vermisst er seine beiden Kinder sehr. Das Haus ist inzwischen zwangsversteigert, die Firma bankrott. Zuviel gearbeitet hatte er, sagt er heute, 60 Stunden in der Woche. Gegen den Druck trank er Alkohol. „Anfänglich nur ein oder zwei Flaschen Bier am Abend, später täglich und meistens schon vor zwölf Uhr mittags“, sagt Uwe. Zuviel Arbeit, Druck und der Ansporn immer der Beste zu sein haben ihn ganz nach unten gebracht.


Leistung und Konsum – ein männliches Phänomen
In Deutschland gelten etwa 2,5 Millionen Menschen als alkoholabhängig. Damit ist Alkohol weiterhin die meist verbreitete „Droge“ in Deutschland. Männer sind von ihr stärker betroffen als Frauen. „Viele Männer trinken zum Ausgleich von Defiziten“, so Gotthard Lehner, Leiter der Klinik Römerhaus im Allgäu. „Druck, emotionale Unzulänglichkeiten, Probleme im Beruf oder im Privatleben, die Gründe für Alkoholismus sind vielfältig und der Übergang vom Genuss zur Sucht fließend.“ Genau dies macht Alkoholismus so gefährlich. Aber nicht nur beim Alkohol konsumieren Männer im Schnitt mehr als Frauen, auch im Bereich der harten und weichen Drogen zeigt sich ein ähnliches Bild. Und auch Spielsucht ist ein männliches Phänomen. „Frauen neigen weniger dazu der Glückspielsucht zu verfallen. Auch hier spielen die männlichen Rollenklischees eine Rolle. Das Risiko und die Chance auf den Gewinn und den damit verbundenen „Erfolg“ üben auf Männer einen stärkeren Reiz aus“, erklärt Lehner. „Darum ist eine Niederlage so verheerend und wird von den Männern nicht akzeptiert. Es folgt Spiel auf Spiel, was meistens in einem Teufelskreis endet.“

Männer – ein risikoreiches Leben
Studien haben gezeigt, dass Männer im Schnitt eine um fünf Jahre geringere Lebenserwartung haben als Frauen. Das liegt nicht nur am risikoreicheren und ungesünderen Lebensstil der Männer, viele Männer drücken sich auch zu lange vor Arztbesuchen und vermeiden wichtige Vorsorgeuntersuchungen. „Auch hier wollen Männer sich keine Fehler eingestehen, auf Hilfe angewiesen zu sein wiederspricht dem Bild des leistungsfähigen Einzelkämpfers“, meint Lehner. Im Schnitt brauchen Männer wesentlich länger um sich in eine Suchttherapie zu begeben als Frauen.

Männliche Sucht braucht männliche Therapien
Inzwischen werden in vielen Häusern Männer und Frauen getrennt therapiert. „Frauen und Männer trinken oder konsumieren Suchtmittel, aber die Ursachen dafür und der Umgang mit der Sucht unterscheiden sich elementar zwischen den Geschlechtern. Frauen leiden meist an Essstörungen, sind abhängig von Medikamenten oder durch Gewalt traumatisiert, Männer hingegen häufiger an Spielsucht, ihnen fällt es schwerer sich ihrer Probleme bewusst zu werden. Daher sind gezielte Therapien, die genau auf die geschlechtsspezifischen Suchtphänomene angepasst sind, meist nachhaltiger und erfolgreicher“, sagt Lehner. Er leitet zwei Kliniken des Deutscher Gemeinschafts-Diakonieverband GmbH jeweils für Frauen und für Männer.


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Langjährige Erfahrung mit Suchterkrankungen
Das Römerhaus-Gebäude des ehemaligen Jodbades Sulzbrunn mit seinem Träger „Deutscher Gemeinschafts-Diakonieverband GmbH, Marburg/Lahn“ wurde 1960 vom Diakonissen-Mutterhaus Hensoltshöhe in Gunzenhausen übernommen und als „Heilstätte“ für suchtkranke Männer ausgebaut. Heute werden ausschließlich Männer zwischen 18 und 75 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet, vorzugsweise jedoch aus Bayern und Baden-Württemberg, behandelt. Es können 46 Therapieplätze zur Verfügung gestellt werden; die Patienten werden durch ein interdisziplinäres Fachteam medizinisch und psychologisch betreut und im Rahmen von Gruppen- oder Einzeltherapien, wie auch durch Werkstätten, Sport und kreative Unternehmungen allgemein und individuell therapiert.

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