Prognosewerkzeug sagt akustische Eigenschaften von Schiffen sicher vorher

Mehr Ruhe an Deck

(Mynewsdesk) Was ein alter Schlager mit der Zeile „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön“ besingt, wird im Alltag für Passagiere und Schiffspersonal oder für Anwohner an Flüssen und Häfen häufig zur Lärmbelastung. Der Lärm entsteht unter anderem durch Vibrationen der Schiffsmotoren. Durch neue gesetzliche Grenzwerte und gestiegene Anforderungen der Schifffahrtbetreiber rücken beim Entwerfen und Konstruieren die bestmögliche Lärmreduzierung und die Entwicklung entsprechender Prognoseverfahren in den Fokus. Werften können in Zukunft auf ein neuartiges Vorhersage-Tool zugreifen, mit dessen Hilfe sie in jeder Phase des Entwicklungsprozesses effiziente und sichere Vorhersagen über die akustischen Eigenschaften eines Schiffsneubaus treffen können. Ein Konsortium mit verschiedenen Partnern aus Wirtschaft und Forschung, darunter das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, hat das Prognosewerkzeug in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt EPES „Effiziente Prognose der vibro-akustischen Eigenschaften in der Schiffsentwurfsphase“ entwickelt.

Das Thema Komfort ist in den letzten Jahren für Schiffspassagiere als Qualitätskriterium immer wichtiger geworden. Eigentümer und Werften folgen dem Trend und setzen niedrige Grenzwerte für Lärm und Vibrationen an, die während des Schiffsbetriebes zu beachteten sind. Gleichzeitig führt der forcierte Leichtbau in Kombination mit den hohen Leistungen der Hauptantriebsmotoren zu Schwingungen mit negativen Auswirkungen auf die Sicherheit und den Komfort an Bord. In dieser Situation kann die effiziente Vorhersage des vibro-akustischen Verhaltens von Schiffen helfen, Auffälligkeiten zu identifizieren, das Schiffsdesign zu optimieren und kostspielige Nacharbeit im Anschluss an Probefahrten zu vermeiden.

Jedes Schiff eine Maßanfertigung

Für Werften sind ihre schwimmenden Produkte wie etwa Yachten überwiegend Unikate, andere wie Container- und Kreuzfahrtschiffe laufen mitunter auch baugleich in geringen Stückzahlen vom Stapel. Daher fehlt ihnen die Möglichkeit, Planungen anhand von Prototypen zu verfeinern. Darüber hinaus sind die Entwicklungszyklen vergleichsweise kurz. Soll ein geplantes Schiff über möglichst gute akustische Eigenschaften verfügen, das heißt eine Lärmbelästigung durch die Vielzahl infrage kommender Lärmquellen effizient vermieden werden, benötigen die Entwickler möglichst frühzeitig akustische Prognosen. Heute genutzte Methoden sind recht genau, ihre Ergebnisse liegen aber erst spät vor.

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Schiffe akustisch optimieren

Im Rahmen des Projektes EPES hat das Fraunhofer LBF mit seinen Partnern die Quellen der Anregung, beispielsweise den Hauptmotor oder Pumpen, numerisch modelliert, um die Übertragung von Geräuschen und Vibrationen in die Schiffsstrukturen zu simulieren. An Bord eines Schiffes sind Verbrennungsmotoren relevante Quellen des Körperschalls, die Schwingungen als Folge des Verbrennungsprozesses in den Rumpf einleiten. Die Hauptmaschine leitet Anregungskräfte in das Fundament und Drehmomente in den Antriebsstrang ein. Die daraus resultierenden Drehschwingungen wiederum induzieren Körperschall in Getriebe, Kupplung und anderen Teilen des Antriebsstrangs.

Um den vorgeschlagenen Simulationsansatz zu überprüfen, nutzten die Wissenschaftler einen Drehschwingungsprüfstand. Sie entwickelten ein numerisches Modell für einen Zweizylinder-V-Motor und simulierten stationäre Betriebsbedingungen sowie transiente Ereignisse wie beispielsweise Zündaussetzer und Hochläufe des Motors auf Systemebene mit Matlab / Simulink. Abschließend evaluierten die Forscher die Genauigkeit des Modells durch den Vergleich numerischer und experimenteller Versuchsdaten. Das Ergebnis zeigt, dass die vorgeschlagenen Methoden verwendet werden können, um die Anregungskräfte und Beschleunigungen in das Motorfundament vorherzusagen. In der Zukunft wird sich das entwickelte Modell für akustische Optimierungen von Schiffen eignen.

Das von den Darmstädter Wissenschaftlern vorgestellte numerische Modell ist Teil eines aktuell entwickelten Software-Werkzeugkastens, um das vibro-akustische Verhalten eines Schiffes effizient vorherzusagen. Eines der Ziele dieses Werkzeugkastens ist die Identifikation der akustischen Anregungsmechanismen in einer frühen Entwurfsphase und auch parallel im Entwicklungsprozess.

Das Projekt EPES ist für das Fraunhofer LBF ein weiterer Schritt zur ganzheitlichen Analyse und Bewertung von mechanischen Systemen. Zum vibroakustischen Leistungsangebot des Instituts gehören experimentelle und numerische Analysen sowie die Auslegung schwingungstechnischer Maßnahmen. Die Systemanalyse beginnt mit experimentellen strukturdynamischen Methoden vor Ort oder im Labor unter definierten Umgebungsbedingungen. Ergänzend werden ganzheitliche numerische Ansätze zur Modellbildung, Simulation, Analyse und Optimierung passiver und aktiver Strukturen verfolgt. Daraus leiten die Darmstädter Wissenschaftler Maßnahmen für die passive, semiaktive oder aktive Verbesserung bezüglich des vibroakustischen Strukturverhaltens ab und verifizieren und bewerten diese durch Nachweisversuche.

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Projektpartner bei EPES sind neben dem Fraunhofer LBF das assoziierte Fachgebiet Systemzuverlässigkeit und Maschinenakustik SzM der Technischen Universität Darmstadt, Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG, Fr. Lürssen Werft GmbH & Co., Novicos GmbH, Technische Universität Berlin, Technische Universität Hamburg-Harburg, Howaldtswerke-Deutsche-Werft GmbH und TKMS Blohm + Voss Nordseewerke GmbH.

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=== Drehschwingungsprüfstand zur Überprüfung des Simulationsansatzes. (Bild) ===

Drehschwingungsprüfstand zur Überprüfung des Simulationsansatzes.

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Das Fraunhofer LBF unter komm. Leitung von Professor Tobias Melz entwickelt, bewertet und realisiert im Kundenauftrag maßgeschneiderte Lösungen für maschinenbauliche Komponenten und Systeme, vor allem für sicherheitsrelevante Bauteile und Systeme. Der Leichtbau steht dabei im Zentrum der Überlegungen. Neben der Bewertung und optimierten Auslegung passiver mechanischer Strukturen werden aktive, mechatronisch-adaptronische Funktionseinheiten entwickelt und proto-typisch umgesetzt. Parallel werden entsprechende numerische sowie experimentelle Methoden und Prüftechniken vorausschauend weiterentwickelt. Die Auftraggeber kommen aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, dem Bauwesen, der Medizintechnik, der chemischen Industrie und weiteren Branchen. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der über 500 Mitarbeiter und modernste Technologie auf mehr als 11 560 Quadratmeter Labor- und Versuchsfläche an den Standorten Bartningstraße und Schlossgartenstraße.

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