Der Bundesgerichtshof (BGH) hält die Kündigung eines Mieters, der seinen Vermieter gewaltsam vor die Tür gesetzt hatte, für unwirksam. Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen, zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 2014 – VIII ZR 289/13.

Die Ausgangslage:

Wird der Mieter gegenüber dem Vermieter oder seinen Beauftragten (Hausverwaltung, Hausmeister und ähnlichen Person) handgreiflich oder beleidigend, verstößt dies regelmäßig in der Art erheblicher Weise gegen die Pflichten aus dem Mietverhältnis, dass eine Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter auch ohne vorherige Abmahnung zulässig ist. Problematisch ist der Fall immer dann, wenn der Vermieter zuvor seinerseits gegen seine vertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat. Der Klassiker: wechselseitige Beleidigungen. Wenn der Vermieter zuerst beleidigt hat, kann er dem Mieter, der ihn daraufhin zurück beleidigt, natürlich nicht wirksam kündigen.

Der Fall:

In diesem Fall hatte die Vermieterin den Mieter vereinbarungsgemäß aufgesucht, um vorab installierte Rauchmelder zu besichtigen. Im Verlauf der Besichtigung eskalierte die Situation. Die Vermieterin wollte auch andere Zimmer betreten und besichtigen, die gar nicht mit Rauchmeldern ausgestattet worden waren. Dabei öffnete sie ein Fenster und entfernte Gegenstände von der Fensterbank. Damit war der Mieter allerdings nicht einverstanden und forderte die Vermieterin auf, das Haus zu verlassen. Die Vermieterin kam der Aufforderung nicht nach. Daraufhin trug der Mieter die Vermieterin vor die Tür. Die Vermieterin kündigte daraufhin fristlos und erhob Räumungsklage, als der Mieter nicht räumte. Vor dem Landgericht bekam die Vermieterin zunächst Recht.

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf. Dadurch, dass die Vermieterin der Aufforderung des Mieters, die Mieträume zu verlassen, nicht Folge leistete, verletzte sie dessen Hausrecht. Der Mieter seinerseits war daher grundsätzlich notwehrberechtigt auch wenn die Abwehrmaßnahme des gewaltsamen Entfernens aus der Wohnung die Grenzen des Notwehrrechts geringfügig überschreitet, rechtfertigt dies doch nicht die Kündigung. Insbesondere mache sie der Vermieterin auch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht unzumutbar. Zwar liege in dem Verhalten des Mieters eine erhebliche Demütigung, diese habe die Vermieterin allerdings mitverursacht.

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Bewertung:

Wenn der Mieter dem Vermieter gestattet, die Wohnung zu bestimmten Zweck zu betreten, geschieht dies zunächst einvernehmlich. Fordert der Mieter den Vermieter dann aber auf, die Wohnung wieder zu verlassen, muss der Vermieter dem Folge leisten, andernfalls begeht er einen Hausfriedensbruch. Dieser ist strafbar. Demzufolge hat auch der Mieter ein entsprechendes Notwehrrecht. Er darf dieses Notwehrrecht aber nicht überziehen. Das hat der Mieter hier mit dem gewaltsamen Rauswurf zweifelsohne getan. Auch hier ist aber wieder zu berücksichtigen, dass daraus noch nicht ohne weiteres folgt, dass der darin gleichzeitig liegende zivilrechtliche Verstoß gegen die Pflichten aus dem Mietverhältnis, eine Kündigung rechtfertigt. Denn der sich seinerseits vertragswidrig verhaltende Vermieter, der immerhin hier auch eine Straftat begeht, hat das Verhalten letztlich erst provoziert. Das Urteil ist daher zutreffend.

Fazit:

Aus dem Urteil sollten keine allzu weitreichenden Schlüsse gezogen werden. Es handelt sich um einen Grenzfall. Bei einer etwas weniger schwerwiegenden vorangegangenen Vertragsverletzung des Vermieters wäre ein dermaßen massiver körperlicher Einsatz mit Sicherheit für kündigungswürdig befunden worden.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Wer sich ohne Erlaubnis des Mieters in dessen Wohnung aufhält, begeht einen strafbaren Hausfriedensbruch. Das gilt auch dann, wenn die einmal erteilte Erlaubnis im Laufe eines Aufenthalts zurückgezogen wird. Spätestens wenn der Mieter zum Verlassen der Wohnung auffordert, sollte man der Aufforderung Folge leisten. Auch die Räumung einer Wohnung ohne Räumungstitel ist strafbar. Viele Vermieter begehen hier den Irrtum zu glauben, weil sie Eigentümer der Wohnung sind, befinden sie sich in einer insoweit privilegierten Position. Im Zweifel ist es besser, sich in einer solchen Situation zügig zurückzuziehen und seine Anliegen schriftlich vorzutragen

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Fachanwaltstipp Mieter:

Vorsicht bei Beleidigungen oder Körperverletzungen oder Nötigungen gegenüber dem Vermieter, dessen Angehörigen, Hilfskräften, Hausmeister, Hausverwaltungsmitarbeitern usw. Neben den üblichen strafrechtlichen Sanktionen muss der Mieter hier auch den Verlust der Wohnung befürchten. Nach meiner Erfahrung sind die Gerichte in der Praxis deutlich strenger als im vorliegenden Fall der Bundesgerichtshof. Die besondere Problematik des hiesigen Falles war, dass der Vermieter nicht nur einfach provoziert oder sich seinerseits vertragswidrig verhalten hatte, sondern dass sein Handeln seinerseits strafbar und damit notwehrfähig war. Auf die gerichtliche Milde sollte man sich als Mieter auf keinen Fall verlassen.

Quelle:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. Juni 2014 – VIII ZR 289/13
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler – Urteil vom 24. April 2013 – 32 C 666/12
LG Koblenz – Urteil vom 19. September 2013 – 14 S 116/13

7.7.2014

Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

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