Nach pflanzlichem Vorbild konstruiertes ringförmiges Peptid und seine Varianten wirken gegen Lymphdrüsenkrebszellen. Onkologische Studie unter Beteiligung der KL Krems.
Krems (Österreich), 13. September 2022 – Eine österreichische Studie belegt einen anti-Tumor-Effekt bestimmter naturnaher zyklischer Peptide. In der jetzt international veröffentlichten Studie wird nicht nur die Hemmung der Zellteilung durch die Peptide gezeigt, sondern sogar deren Fähigkeit, den Zelltod der Krebszellen zu verursachen. Bisher waren unter anderem immunsuppressive Wirkungen dieser ursprünglich in afrikanischen Pflanzen entdeckten Peptide bekannt. Eine Wirkung, die sie auch zu aussichtsreichen Kandidaten für ein Multiple Sklerose-Medikament machen. Die nun entdeckten anti-Tumor-Effekte bei bestimmten Lymphdrüsenkrebszellen fügen dem Wirkspektrum dieser ungewöhnlichen Peptide eine neue wichtige Facette zu.
Zyklotide sind kleine, ringförmige Peptide, die in den 1960er Jahren in afrikanischen Pflanzen entdeckt wurden. Frühzeitig erkannte man bei mindestens einem von ihnen (kalata B1) eine immunsuppressive Wirkung. Dabei wird die Zellteilung von immunaktiven Zellen (T-Zellen) gehemmt, was die Behandlung von Autoimmunerkrankungen ermöglichen könnte. Ein Team dreier österreichischer Universitäten und eines Forschungsinstituts aus Wien dachte darüber hinaus und mutmaßte, dass diese zellteilungshemmende Wirkung auch bei Krebsarten helfen könnte, die auf der Vermehrung von T-Zellen beruhen. Ihre nun veröffentlichten Ergebnisse einer umfangreichen Studie belegen tatsächlich eine anti-Tumor-Wirkung auf bestimmte Lymphdrüsenkrebszellen.
Kultur & Modell
„Tatsächlich konnten wir diesen Effekt in zwei verschiedenen Testsystemen nachweisen“, erläutert Prof. Dagmar Stoiber-Sakaguchi, Leiterin des Fachbereichs Pharmakologie an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems). „Sowohl in Zellkulturen als auch in Tiermodellen zeigte sich der anti-Tumor-Effekt deutlich.“ Und Erstautorin Dr. Judith Lind, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie/Hämatologie, ergänzt: „Wir sehen daher in diesen speziellen Peptiden vielversprechende Kandidaten für die Entwicklung von Medikamenten gegen das anaplastisch-großzellige Lymphom (ALCL), die von uns untersuchte Lymphdrüsenkrebsart.“
Als Grundlage der Studie diente eine synthetische Form von kalata B1, die als T20K bezeichnet wird, sowie Varianten davon, die sich in wenigen Aminosäuren unterschieden. „In einem ersten Schritt schauten wir uns die Wirkung steigender Konzentrationen der verschiedenen T20K-Varianten auf Zellkulturen des ALCL an“, führt Dr. Karoline Kollmann vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien aus. „Dabei zeigte sich, dass die Peptide sowohl das Zellwachstum hemmen als auch den Zelltod der Krebszellen induzieren konnten. Und das in einer klar konzentrationsabhängigen Weise.“ Weitere Untersuchungen zeigten überdies, dass durch T20K wichtige zellinterne Signalwege angekurbelt wurden, die auf den Proteinen STAT5 bzw. p53 basieren.
Krebs-Zelltod
Weitere entscheidende Studien wurden dann in Mausmodellen des ALCLs vorgenommen. Hier bestätigten sich die Erkenntnisse aus den Zellkulturen beindruckend, wie Assoc. Prof. Christian Gruber vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien darlegt: „Nicht nur konnten wir zeigen, dass T20K auch hier die Apoptose – also den Zelltod – von Krebszellen herbeiführte, sondern auch, dass die Tumore in behandelten Tieren nur etwa halb so groß waren.“
Die Zusammenarbeit der drei Universitäten mit dem ehemaligen Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung legt mit dieser jetzt international publizierten Studie eine fundierte Grundlage für die weitere Erforschung von T20K zur Behandlung des ALCL. Die KL Krems betont darüber hinaus mit dieser Studie auch ihr Engagement in der onkologischen Grundlagenforschung, das ihre zahlreichen klinischen Aktivitäten im Bereich Onkologie stärkt.
Originalpublikation: The nature inspired peptide [T20K]-kalata B1 induces anti-tumor effects in anaplastic large cell lymphoma. J. Lind, R. Hellinger, P. Kudweis, H. P. Moll, J. Gattringer, K. Thell, S. Edtmayer, C. W. Gruber, D. Stoiber, K. Kollmann, Biomedicine & Pharmacotherapy, 153 (2022), 113486, https://doi.org/10.1016/j.biopha.2022.113486
Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (Stand 2022)
An der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) in Krems ist die umfassende Betrachtungsweise von Gesundheit und Krankheit eine grundlegende Zielsetzung für Forschung und Lehre. Die KL stellt mit ihrem europaweit anerkannten Bachelor-Mastersystem eine flexible Bildungseinrichtung dar, die auf die Bedürfnisse der Studierenden, die Anforderungen des Arbeitsmarkts ebenso, wie auf die Herausforderungen der Wissenschaft abgestimmt ist. In den Studienrichtungen Medizin und Psychologie studieren aktuell rund 600 Studierende. Die drei Universitätskliniken in Krems, St. Pölten und Tulln gewährleisten eine klinische Lehre und Forschung auf höchstem Qualitätsniveau. In der Forschung konzentriert sich die KL auf interdisziplinäre Felder mit hoher gesundheitspolitischer Relevanz – u.a. der Medizintechnik, der molekularen Onkologie, der mentalen Gesundheit und den Neurowissenschaften sowie dem Thema Wasserqualität und den damit verbundenen gesundheitlichen Aspekten. Die KL wurde 2013 gegründet und von der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ Austria) akkreditiert.
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