Neuromarketing II: Softdrinks und Autos im Gehirn-Scanner

(Mynewsdesk) Nachdem wir im ersten Teil unserer kleinen Neuromarketing-Serie die wissenschaftlichen Grundlagen des Themas skizziert haben, wollen wir uns nun den konkreten Anwendungen des Neuromarketing widmen. Einige Firmen haben in den vergangenen Jahren bereits entsprechende Studien und Experimente durchgeführt und damit Aufsehen erregt – nicht nur in der Marketingbranche, sondern auch in großen Publikumsmedien. Schon ist die Rede davon, dass mit der Allianz aus Gehirnforschung und Marketing die nächste Stufe der Konsumenten-Manipulation erreicht ist. Aber was ist wirklich dran an der Sache? Werfen wir einen Blick auf das, was bisher an konkreten Anwendungen durchgeführt wurde.

Coca Cola vs. Pepsi – das neurologische Duell der Softdrink-Giganten

Das wahrscheinlich bekannteste Neuromarketing-Experiment ist der so genannte „Pepsi-Test“ aus dem Jahr 2003. Forscher vom amerikanischen Baylor College of Medicine in Houston, Texas, wollten herausfinden, welche Gedanken den Menschen durch den Kopf gehen, wenn sie einen Softdrink zu sich nehmen. Dazu baten sie ihre Probanden zum Blindtest. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, Pepsi und Coca Cola zu trinken und die beiden Softdrinks zu vergleichen. Während des Tests wurden die Gehirnaktivitäten der Probanden durch eine funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT, früher auch als Kernspintomographie bezeichnet) gemessen. Der Blindtest brachte ein deutliches Ergebnis: Die meisten Teilnehmer sagten, dass ihnen Pepsi besser schmeckt. Ein ähnliches Resultat lieferte die fMRT: Beim Konsum von Pepsi zeigte sich eine stärkere Aktivierung des Belohnungszentrums im Gehirn als beim Trinken von Coca Cola.

Danach wurde das Experiment wiederholt – mit dem kleinen Unterschied, dass die Probanden nun wussten, was sie trinken. Und siehe da: Dadurch änderte sich nicht nur das Urteil der Probanden, die nun eine Präferenz für Coca Cola artikulierten, sondern auch ihr Gehirnstoffwechsel. Der bewusste Konsum von Coca Cola sorgte für eine stärkere Aktivität des Gehirns als der von Pepsi. Der Vergleichstest der US-Forscher lieferte ein Indiz dafür, dass eine Konsumentscheidung nicht nur vom direkten Konsumerlebnis abhängt, sondern auch von abgespeicherten Erinnerungen und subjektiven Eindrücken, die mit einem Produkt assoziiert werden. Der Pepsi-Test belegt somit, wie mächtig ein Produkt-Image sein kann, und gilt als Best Practice-Beispiel aus der Neuromarketing-Welt.

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Sportwagen vs. Kleinwagen – das Experiment von Daimler-Chrysler

Auch in der Auomobilindustrie wurde Neuromarketing bereits eingesetzt. Ein Pionier auf diesem Gebiet war der deutsch-amerikanische Konzern Daimler-Chrysler, der 2004 eine neurologische Studie an der Universität Ulm durchführte. Dabei wurden männlichen Testpersonen verschiedene Bilder von Sportwagen, Limousinen und Kleinwagen gezeigt. Bei der gleichzeitigen Messung der Gehirnaktivität durch eine fMRT zeigte sich, dass die Bilder der Sportwagen eine besonders starke Aktivität von Gehirnregionen bewirkten, die für Belohnung und Selbstbestätigung stehen. Später wurde berichtet, der Automobilkonzern habe ein Patent auf ein neurologisch fundiertes Verfahren zur Optimierung und Erfassung von Produktattraktivität oder Produktakzeptanz angemeldet, bei dem Gehirn-Scans eingesetzt würden. Unklar ist jedoch, ob dieses Verfahren nach der Trennung von Daimler und Chrysler im Jahr 2007 weiterentwickelt oder jemals angewendet wurde.

Neurologie vs. Ökonomie – eine neue Allianz entsteht

Ein weiterer Akteur, der das Thema vorantreibt, ist die Werbeagentur BBDO. Unter dem Titel „Brain Branding“ wurde bereits 2004 eine Strategie entwickelt und veröffentlicht, um das Potenzial von neurobiologischen Methoden für Marketingkampagnen stärker zu nutzen. „Die Hirnforschung hat das Potenzial, die Markenforschung und das Markenmanagement grundlegend zu revolutionieren”, heisst es in einem programmatischen Strategiepapier zum Thema Neuromarketing. Künftig müsse man die Zusammenarbeit zwischen Werbewirtschaft und neurologischer Forschung intensivieren und gemeinsame Ziele definieren.

Dieses Anliegen stößt in der wissenschaftlichen Welt auf positive Resonanz. Ein Hirnforscher aus Bonn richtete bereits einen entsprechenden Appell an die Werbewirtschaft und rief Unternehmen dazu auf, das Potenzial der Hirnforschung stärker zu nutzen. Hintergrund: Für die wissenschaftliche Welt ist Auftragsforschung im Dienste der Werbewirtschaft eine interessante Einnahmequelle, um die Anschaffung und Unterhaltung von teuren Geräten zu finanzieren, die für die Hirnforschung gebraucht werden. Man kann also davon ausgehen, dass die Allianz von Neurologie und Werbe-Ökonomie keine Eintagsfliege ist, weil beide Seiten davon profitieren.

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Und wie geht’s weiter?

Die weitere Entwicklung des Themas Neuromarketing wird vor allem von den künftigen Fortschritten der Hirnforschung abhängen, denn sie kann neue Instrumente liefern, die in der Marketingwelt offenbar sehnsüchtig erwartet werden. Bislang steckt das ganze Gebiet zwar noch in den Kinderschuhen, denn der Blick in das Gehirn der Konsumenten ist noch zu unscharf, um ein manipulatives Potenzial zu entfalten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Den aktuellen Stand der Dinge beleuchten wir demnächst an dieser Stelle – im dritten Teil unserer kleinen Neuromarketing-Serie.

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