Ein Beitrag von Rechtsanwältin Anja Härtel und Rechtsanwalt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin.

Aufgrund der umfassenden Rechtsprechung zur Problematik der Schriftformklausel bei langfristigen Verträgen im Gewerbemietrecht entwickeln sich auch die Klauseln in den aktuellen Vertragswerken entsprechend weiter. Fraglich ist, ob eine tatsächlich konkludent abbedungene Schriftformklausel durch eine vertragliche Reparaturklausel wieder hergestellt werden kann?

Ausgangslage:

In jüngeren Verträgen lassen sich folgende Formulierungen in den Gewerbemietverträgen finden:

” (…) Den Vertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse für (…-)verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei, alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis genüge zu tun, und den (…-)vertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des (…-)vertrages, sondern auch für alle Nachtrags-, Änderungs-und Ergänzungsverträge.

Sollte während der Dauer dieses Vertrages ein Vertragsteil ein von den schriftlichen Vertragsbestimmungen abweichendes Verhalten setzen und der andere Teil auch ein solches Verhalten dulden, dann soll weder das Verhalten der einen noch desselben von der anderen Seite als stillschweigender Verzicht auf vertraglich begründete Rechte und Pflichten oder als stillschweigender Abänderung der Vertragsbestimmungen ausgelegt oder angesehen werden können.”

Nun stellt sich die Frage, ob dies in der Praxis standhält.

Sinn und Zweck der Schriftformklausel:

Die Schriftformklausel dient in erster Linie dem Schutz des Erwerbers einer vermieteten Immobilie. Bei Eintritt in bestehende Vertragsverhältnisse soll der Erwerber durch die vorhandenen schriftlichen Vertragsurkunden vom vertraglichen Umfang im Bilde sein; insbesondere wenn es sich um Verträge handelt, die länger als ein Jahr bestehen und somit nicht ordentlich gekündigt werden können.

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Eine Schriftformheilungsklausel soll jedoch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien verdeutlichen, dass es treuwidrig ist, eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit zu schaffen unter Berufung auf die Schriftformklausel. Doch was bedeutet das für den Erwerber?

Der erste Absatz im vorgenannten Klauselbeispiel schließt das vorzeitige Kündigungsrecht wegen Nichteinhaltung der Schriftformklausel aus, solange jede Partei auf die Einhaltung der Schriftformklausel durch schriftliche Fixierung von Änderungen des Vertrages, etc. hinwirkt. Bezogen auf den Schutzzweck könnte das für den Erwerber bedeuten, dass er nicht vorzeitig kündigen kann, wenn der Vertragsgegner nachweisen kann, auf die schriftliche Fixierung hingewirkt zu haben. In der Praxis dürfte diese Vorgehensweise schwer umzusetzen sein, insbesondere da der Erwerber bei späteren Vertragsabsprachen zwischen dem ursprünglichen Eigentümer und dem zukünftigen Vertragspartner nicht dabei gewesen war und gerade deshalb mit dem Schriftformerfordernis vor dieser Situation geschützt werden sollte. Der Schutzzweck wäre also schon an dieser Stelle unterlaufen und dieser Klauselteil ist deshalb unwirksam wegen unangemessener Benachteiligung mit der Folge, dass der Erwerber vorzeitig kündigen kann und sich nicht treuwidrig verhält.

Der zweite Teil des Klauselbeispiels ist weniger problematisch. Aus vertragsabweichendem Verhalten, das nicht schriftlich fixiert wurde, können keine Rechte abgeleitet werden, es werden wechselseitige Verzichte erklärt und der Erwerber muss nicht schriftlich fixierte Vertragsabweichungen nicht gegen sich gelten lassen.

Die aktuelle Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat jüngst in seinem Urteil vom 30.04.2014, Az: XII ZR 146/12 entschieden, dass ein Erwerber nicht treuwidrig handelt, wenn er sich in Kenntnis einer sogenannten Schriftformheilungsklausel dennoch auf einen Schriftformmangel beruft und vorzeitig das übernommene Vertragsverhältnis kündigt.

Der BGH bestätigte damit die Rechtsausführungen der Vorinstanzen, nämlich dass Heilungsklauseln, die auch den Erwerber verpflichten, an der Nachholung der fehlenden Schriftform mitzuwirken, gegen den Schutzzweck des § 550 BGB verstoßen und deswegen gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1, 310 Abs. 1 BGB unwirksam sind. Mit der in § 550 Satz 2 BGB vorgesehenen Kündigungsmöglichkeit langfristiger Mietverträge, die der erforderlichen Schriftform nicht genügen, solle sichergestellt werden, dass der Erwerber, dem die notwendige Kenntnis von den wesentlichen Vertragsbedingungen nicht aus der Vertragsurkunde vermittelt werde, sich vorzeitig aus dem Vertrag lösen könne und hieran nicht länger als ein Jahr gebunden sei. Hierzu in Widerspruch stehe eine Heilungsklausel, die den Erwerber entgegen dem Regelungszweck des Gesetzes zwinge, an der Nachholung der Schriftform mitzuwirken. Sie führe zu einer vom Schutzzweck der Vorschrift nicht gedeckten faktischen Bindung des Erwerbers an die wegen des Formmangels nicht wirksam vereinbarte Laufzeit des Vertrags. Denn dieser könne sich, solange der Mieter seine Mitwirkung an der Nachholung der Form nicht verweigere, nicht durch ordentliche Kündigung aus der langfristigen Bindung lösen. Hieran ändere nichts, dass sich der Erwerber durch Einsicht in den Mietvertrag Kenntnis von der Heilungsklausel verschaffen könne. Er wisse dann zwar, dass er sich bei einem Schriftformmangel an der Nachholung der erforderlichen Form beteiligen solle. Die Kenntnis des Formmangels selbst werde ihm durch die Klausel aber nicht verschafft. Das sei mit dem Schutzzweck des § 550 BGB nicht zu vereinbaren. Hierin liege zugleich eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB, die zur Unwirksamkeit der Heilungsklausel insgesamt führe und auf die sich auch die Klägerin berufen könne.

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Anwaltstipps Vermieter:

Sollte es zwischen Ihnen und Ihrem ursprünglichen Vertragspartner Abweichungen zum schriftlichen Vertrag geben, können Sie mit einer sogenannten Schriftformheilungsklausel erreichen, dass eine vorzeitige Beendigung durch die Gegenseite treuwidrig und damit unwirksam ist.

Ist jedoch eine Veräußerung beabsichtigt, so sieht der BGH derzeit kein treuwidriges Verhalten des Erwerbers, wenn dieser unter Berufung auf den Schriftformmangel vorzeitig kündigt. Inwiefern es ratsam ist, Vertragsabweichungen tatsächlich auch zu fixieren, muss anhand des Einzelfalls beurteilt werden. Hierzu stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Anwaltstipps Mieter:

Als Mieter sind Sie in aller Regel auf die Erfüllung des langfristigen Gewerbemietvertrages angewiesen. Sie sollten daher unbedingt darauf achten, dass sämtliche Vertragsabweichungen schriftlich fixiert werden. Aber auch hier gilt: Im Zweifel muss der Einzelfall geprüft werden. Sprechen Sie uns einfach an.

Quelle:

BGH, Urteil vom 30. April 2014 – XII ZR 146/12

07.09.2014

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