Das Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 21 S 214/13, bestätigt das Räumungsurteil gegen den starken Raucher (Friedhelm A.). Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Berlin und Essen.

Ausgangslage:

Das Rauchen in der Wohnung und auch auf dem Balkon ist grundsätzlich zulässig, solange davon keine Beeinträchtigungen Dritter ausgehen. In letzter Zeit häufen sich Streitigkeiten, in denen sich Nachbarn durch Zigarettenrauch belästigt fühlen. Hier kommt es dann in Extremfällen zu Kündigungen durch den Vermieter.

Der Fall:

Mir liegen bislang lediglich die Pressemeldung des Landgerichts Düsseldorf und das vorangegangene Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf (AZ: 24 C 1355/13) vor. Der Sachverhalt bezieht sich daher zunächst auf die Feststellungen des Amtsgerichts. Der 74 Jahre alte Mieter Friedhelm A. bewohnt seine derzeitige Wohnung seit über 40 Jahren. Er raucht seit etwa 50 Jahren. In der streitgegenständlichen Wohnung raucht er regelmäßig mindestens 15 Zigaretten täglich. Der Mieter ist nicht bereit mit dem Zigarettenrauchen aufzuhören und jedenfalls nach der Feststellung des erstinstanzlich mit der Angelegenheit befassten Amtsgerichts Düsseldorf wohl nur unter Inkaufnahme gesundheitlicher Beeinträchtigungen zu einem Aufhören in der Lage. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht wegen unverändert fortbestehender Geruchsbelästigung im Gebäude einschließlich des Treppenhauses. Im Haus des Mieters existieren derzeit nur noch dessen Wohnung und ein kleines Appartement. Alle anderen Räume wurden zu gewerblichen Zwecken in Büros umgewandelt und weitervermietet. Der Vermieter erhob Räumungsklage, nachdem der Mieter nicht auszog.

Die Entscheidung des Amtsgerichts:

Das Amtsgericht Düsseldorf hatte der Räumungsklage stattgegeben, weil es die zu Grunde liegende fristlose Kündigung für gerechtfertigt hielt.
Der Beklagte (der Mieter) hat seine mietvertraglichen Pflichten nachhaltig verletzt, indem er derart in seiner Wohnung raucht, dass seit jedenfalls anderthalb Jahren eine intensive, nicht mehr hinnehmbare, unzumutbare und unerträgliche Geruchsbelästigung von dort ausgeht und erhebliche Mengen an Zigarettenqualm aus dieser Wohnung in das Treppenhaus ziehen mit der Folge, dass es im gesamten Gebäude stark nach Zigarettenrauch riecht. Dies verursacht eine Gesundheitsgefährdung für die übrigen Mieter des Hauses. Diese haben sich in der näheren Vergangenheit mehrfach bei der Klägerin über die unerträgliche Geruchsbelästigung durch den Zigarettenqualm des Beklagten beschwert und deshalb ihr gegenüber die Kündigung ihrer eigenen Mietverhältnisse angedroht (AG Düsseldorf, Urteil vom 31. Juli 2013 – 24 C 1355/13 -, juris)

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Kritik:

Hier ist aus meiner Sicht bereits in der Begründung des Urteils einiges durcheinandergeraten. Woher das Gericht die Erkenntnis nimmt, dass durch den in das Treppenhaus ziehenden Zigarettenrauch eine Gesundheitsgefährdung für die übrigen Mieter des Hauses entsteht, erschließt sich nicht. Es mag ja möglicherweise als gerichtsbekannt und daher nicht notwendig zu beweisen durchgehen, dass zum Beispiel die Arbeit in einer Raucherkneipe Gesundheitsschäden verursacht. Warum dies aber bei dem gelegentlichen Durchlaufen des Treppenhauses in einem gewerblichen Gebäude der Fall sein soll, hätte zumindest näherer Erläuterung bedurft. Tatsächlich wirkt es aber auch in der weiteren Begründung des Urteils so, dass das Gericht eigentlich auf den Geruch allein abstellen will.
Darin liege eine nachhaltige Störung des Hausfriedens, welche wiederum den Vermieter gemäß § 569 Abs. 2 In Verbindung mit § 543 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtige.

Die Entscheidung des Landgerichts:

Der Pressemeldung zufolge stürzt das Landgericht Düsseldorf seine Entscheidung ausdrücklich auf den schwer wiegenden Pflichtverstoß, der darin liege, dass der Mieter keine Maßnahmen getroffen habe, um zu verhindern, dass Zigarettenrauch in den Hausflur zieht. Er habe die Geruchsbelästigung sogar noch gefördert, indem er seine Wohnung unzureichend gelüftet und seine zahlreichen Aschenbecher nicht gelehrt habe. Der Pressemeldung nach zu urteilen, stützt sich das Landgericht Düsseldorf nicht mehr auf eine vermeintliche Gesundheitsbeeinträchtigung der übrigen Bewohner des Hauses. Das Landgericht ist aber der Auffassung, dass allein eine solche Geruchsbelästigung eine fristlose Kündigung eines seit 40 Jahren bestehenden Mietverhältnisses rechtfertigen könne. Ganz sicher ist sich das Landgericht allerdings nicht und hat deswegen die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

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Kritik:

Mich hat überrascht, dass selbst mieternahe Organisationen das Urteil für “im Einzelfall in Ordnung” befunden haben. Die gesamte Berichterstattung über den Fall schien mir mehr an dem Konflikt Raucher/Nichtraucher, als am tatsächlichen Problem orientiert. Dazu hat möglicherweise der Mieter mit seinen Äußerungen in den Medien selbst beigetragen. Das darf aber nicht den Blick auf den Kern des Problems verstellen.

Gefahr für die Zukunft des Mietverhältnisses:

Sehr gern wird insbesondere von der Nichtraucherfraktion übersehen, dass es hier um zwei grundsätzliche Probleme geht. Das erste Problem ist die allgemeine Frage der zunehmenden Beschränkung von Rechten des Einzelnen durch die Interessen der Mehrheit. Das scheint unaufhaltsam, aber man möchte doch ab und zu noch einmal daran erinnern. Der allgemeine Anstand wird nicht dadurch größer, dass die Rechte des Einzelnen weiter beschnitten werden.
Das größere Problem: Wenn allein im Treppenhaus (durch zulässiges Nutzungsverhalten in der Wohnung) verursachte Geruchsbelästigungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausreichen sollen, muss dies auch für andere Gerüche gelten. Was ist denn mit den in Deutschland so beliebten Kochorgien so mancher Mieter? Was ist mit der guten alten Maggi-Küche? In vielen Treppenhäusern stinkt es ohnehin. Was kann da Zigarettenqualm noch verschlechtern?
Wer sich über solche Urteile freut, ob nun Vermieter oder Mieter, vergisst, dass wir in Deutschland vor allem deswegen so einen guten Mietermarkt haben, weil der Mieter gut geschützt ist. Wenn ich aber mein Mietverhältnis künftig wegen Geruchsbelästigungen verlieren kann, macht das die Miete an sich nicht attraktiver. Das ist nachteilig für Mieter, aber auch Vermieter sollten nicht vergessen, dass sie ihre Wohnung vermieten wollen.
Weil ich im Zuge einiger Interviews jedes Mal am Ende gefragt wurde: Nein, ich rauche weder in meiner Wohnung, noch auf dem Balkon! Die Frage allein kennzeichnet aber deutlich das oben beschriebene Problem.

Fachanwaltstipp für Mieter:

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Wenn Ihnen Ihre Wohnung wichtig ist, sollten Sie vorsichtig beim Gebrauch der Mietsache sein. Gerade wenn es um Zigarettenrauch geht, ist der Spaß hierzulande schnell vorbei. Aber auch bei anderen Vertragsverstößen riskieren Sie eine Kündigung. Wenn Sie eine Kündigung bekommen, heißt dies aber nicht, dass diese auch wirksam ist. Der Vermieter muss zunächst eine Räumungsklage einreichen und einen Räumungstitel schaffen. Spätestens wenn Sie eine solche Klage bekommen, sollten Sie sich anwaltliche Hilfe suchen. Auch hier gilt aber, je eher je besser.

Fachanwaltstipp für Vermieter:

Vermieter sollten bereits vor Ausspruch der Kündigung rechtlichen Rat suchen. Die Kündigung bedarf der (schriftlichen) Begründung. Es können eine Menge Fehler passieren, die die Kündigung bereits aus formellen Gründen unwirksam machen. Auf den eigentlichen Inhalt des Vertragsverstoßes kommt es dann nicht mehr an. Zudem müssen Sie bei den meisten Vertragsverstößen vorab abmahnen.

7.7.2014

Link zum Interview mit Rechtsanwalt Alexander Bredereck auf N24:
http://www.n24.de/n24/Mediathek/videos/d/4975276/raucher-muss-seine-wohnung-raeumen.html

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