Unregelmäßigkeiten bei Grundstücksverkehrsgenehmigungsverfahren / Widerrechtliche Veräußerung städtischen Grund und Bodens / Fragwürdige Verwaltungspraktiken

LeipzigLEIPZIG. Rechtswidrige Machenschaften gab es in der Vergangenheit nicht nur im Rechtsamt der Stadt Leipzig bei der Veräußerung angeblich „herrenloser Häuser“. Auch im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (AROV) und im Liegenschafts- amt ist bei der wiedervereinigungsbedingten Rückübertragung von Vermögenswerten nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Der Alteigentümer eines Einfamilienhauses setzt sich seit 1990 dagegen zur Wehr. Jüngst ließ ihn OBM Burkhard Jung auf kriminelle Art und Weise abblitzen. Der frühere Hauseigentümer erstattete daraufhin Strafanzeige. Die Stadträte schwiegen bislang zu den Vorgängen. Die Haltung der Landesdirektion Sachsen ist noch unklar. Der „Sachsensumpf“- Untersuchungsausschuss ist informiert.

Der Alteigentümer W. hat gegen den OBM und eine Mitarbeiterin der Stadt Strafanzeige gestellt, da beide ein seit Jahren von der Stadt verschlepptes, gesetzlich vorgeschriebenes Grundstücksverkehrsgenehmigungsverfahren auch weiterhin unterlassen. Der Stadt war bekannt, dass die Veräußerung des Hauses der Ws. an die Erwerber B. rechtsunwirksam und damit nicht genehmigungsfähig war. Sie hätte deshalb in dem von W. beantragten Genehmigungsverfahren die Genehmigung für die Hausveräußerung versagen müssen. Dies aber hätte zutage gebracht, dass die Stadt den Eheleuten B. den städtischen Grund und Boden, auf dem das Haus steht, veräußert hat, bevor klar war, ob die Bs. das Haus behalten können. Zudem vereitelt die Stadt mit dem Unterlassen des Verfahrens dem Alteigentümer die Rückerlangung des Einfamilienhauses, während sie den Erwerbern den ungenehmigten Besitz des Hauses ermöglicht.

Die Eheleute W. waren noch kurz nach dem Fall der Mauer staatlicherseits gezwungen worden, ihr auf damals volkseigenem Grund und Boden stehendes Einfamilienhaus in Leipzig- Stötteritz vor ihrer ständigen Ausreise aus der DDR zu veräußern. Sie hatten daraufhin am 08. Dezember 1989 mit den Eheleuten B. einen Schenkungsvertrag geschlossen, tatsächlich aber für das Haus einen Gegenwert in DM erhalten. Der Schenkungsvertrag war als solcher von den DDR-Behörden im Februar 1990 genehmigt und im Grundbuch eingetragen worden.

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Da das Rechtsgeschäft nach dem 18. Oktober 1989 geschlossen worden war, konnten die Eheleute W. nicht nur vermögensrechtliche Ansprüche anmelden, sondern auch einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Genehmigungsverfahrens stellen. Durch den im Sommer 1990 eingereichten Antrag verlor die zu DDR-Zeiten erstellte Grundstücksverkehrsgenehmigung automatisch ihre Rechtskraft. Die Stadt Leipzig war damit in der Pflicht, ein erneutes Ge- nehmigungsverfahren durchzuführen.

Statt einer ordnungsgemäßen Durchführung des Grundstücksverkehrsgenehmigungsverfahrens folgte eine für einen Rechtsstaat höchst zweifelhafte Bearbeitung durch mehrere Ämter, die bis heute andauert.

Das AROV versuchte bereits die Antragstellung zu blockieren, indem es den Antragseingang nicht bestätigte, keinen Grundbuchwiderspruch veranlasste und die Anmeldung der vermögensrechtlichen Ansprüche – als die Vorrausetzung für das Wiederaufgreifen eines Geneh- migungsverfahrens – verschleppte.

Im Februar 1994 informierten die Ws. die Stadt Leipzig, dass der Bundesgerichtshof die Veräußerung des Hauses wegen des Scheinschenkungsvertrages für unwirksam erklärt hatte. Damit entfiel die Genehmigungsfähigkeit der Hausveräußerung und die Stadt Leipzig hätte bereits damals die Genehmigung versagen müssen. Sie reagierte aber nicht.

Im Jahre 1995 – fünf Jahre nach Antragstellung – beschwerte sich W. beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen über die gesetzeswidrige Arbeit der Stadt Leipzig. Die Stadt versuchte diese Beschwerde als Straftat auszulegen und stellte gegen W. Strafanzeige. W. bemühte sich trotzdem weiter um die Veranlassung des Grundbuchwiderspruches und um die Durchführung des erneuten Genehmigungsverfahrens. Das AROV verwies W. diesmal an das Liegenschaftsamt, das die Veranlassung des Grundbuchwiderspruches ebenfalls ablehnte. Zu dem noch ausstehenden Genehmigungsverfahren schwiegen beide Ämter.

Das Pikanteste aber ist, dass die Stadt Leipzig, ohne dass für die Hausveräußerung eine Genehmigung vorlag, das Grundstück, auf dem das Haus steht, an die Hauserwerber veräu- ßerte. Die Stadt bestätigt diesen Verkauf, das Grundbuchamt hingegen bestreitet, einen solchen Vertrag eingetragen zu haben. Wessen Version stimmt, kann W. nicht in Erfahrung bringen, da das Grundbuchamt mauert und W. die Einsicht ins Grundbuch verweigert.

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In der Hoffnung, dass nach der Affäre mit den „herrenlosen Häusern“ in der Stadt Leipzig rechtsstaatliches Handeln eingezogen ist, versuchte W. erneut Klarheit bezüglich der Grund- stücksverkehrsgenehmigung zu erlangen. Er bat Jung im November 2012, dass die Stadt nunmehr ihrer Pflicht, das überfällige Genehmigungsverfahren durchzuführen und in diesem Rahmen die Genehmigung endgültig zu versagen, nachkomme. Aber Jung schwieg. Erst nach zweimaliger Mahnung und Dienstaufsichtsbeschwerde erreichte W. das Schreiben des AROV vom März 2013, in dem dieses die endgültige Versagung der Grundstücksverkehrs- genehmigung ablehnte. Die von der Sachgebietsleiterin Schubert unterschriebene Ableh- nung kam damit ausgerechnet aus dem Amt, was vorher seine Zuständigkeit bestritten hatte.

Schubert wertete die Forderung von W. an die Stadt, die Grundstücksverkehrsgenehmigung endgültig zu versagen, als „Widerspruch” gegen die oben erwähnte, aus dem Jahre 1995 stammende Ablehnung der Veranlassung des Grundbuchwiderspruches durch das Liegenschaftsamt. Darauf folgend stellte Schubert fest, dass der Widerspruch nicht firstgemäß ein- gelegt worden sei, und übergab die Akte der Landesdirektion Sachsen zur weiteren Bearbeitung.

Die Begründung für die Ablehnung wirkt willkürlich; mit Unkenntnis lässt sich Schuberts Vor- gehen nicht erklären. Schubert greift hier auf einen früheren Verwaltungsakt zurück, der mit dem durchzuführenden Genehmigungsverfahrens in keinem Zusammenhang steht. Mit diesem Trick setzt Schubert die jahrelange fragwürdige Bearbeitung von Ws. Antrag durch die Stadt Leipzig fort. Schubert versucht auf diese Art und Weise, das eigentliche Genehmi- gungsverfahren und damit die endgültige Versagung der Genehmigung zu umgehen, um damit weiterhin die rechtswidrige Veräußerung des städtischen Grund und Bodens zu vertu- schen und den Erwerbern den ungenehmigten Hausbesitz zu ermöglichen.

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W. stellte am 12. April 2013 wegen dieses willkürlichen Vorgehens bei der Staatsanwalt- schaft Leipzig Strafanzeige gegen Jung und Schubert (AZ: 604 Js 19816/13).

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Harro Wittek

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