Zwischen Ohnmacht und Lebensmut

(Mynewsdesk) Mit so vielen Anmeldungen hatte man nicht gerechnet. Die Veranstalter hatten mit diesem Thema den Nerv der Zeit getroffen. Rund 130 Personen – zwischen 20 und 90 Jahren – kamen in den Saal des Rudolf Steiner Hauses am Haus Aja Textor-Goethe. Sie verteilten sich an 14 Tischen, um in kleinen Gruppen u. a. darüber zu sprechen: „Was passiert mit uns Menschen, wenn wir zunehmend von Maschinen ersetzt werden?“ oder „Wie gehe ich mit Krisensituationen um?“ 

Langweilig wurde es dabei nicht, auch dank der beiden Moderatoren Beatrice und Matthias Schenk, die im Schloss Freudenberg, Wiesbaden, tätig sind. Die beiden verwiesen mit Repliken auf Goethes Faust etwa auf die Vergeblichkeit intellektuellen Wissens, das für sich allein nicht zur Lebensbewältigung ausreicht. „Da steh ich nun, ich armer Tor // Und bin so klug als wie zuvor.“Es müssen andere Qualitäten dazu kommen, damit während Lebenskrisen innerlich Zuversicht und Lebensmut wachsen können. Wie das gelingen kann, darüber entspann sich an den Tischen ein Austausch, der gegen Ende zeigte, dass sich in den Gesprächskreisen eine Atmosphäre von Offenheit und Vertrauen gebildete hatte. Das heißt, es war gelungen, über persönliche Krisen zu sprechen.

Was also tun bei Ohnmachterlebnissen und wie geht es danach weiter? Hausleiter Uwe Scharf schauteauf die Stressforschung, die drei Bereiche unterscheidet. Einmal die Komfortzone, in der wir uns sicher und geborgen fühlen, gefolgt von der Herausforderungszone, die uns auch Glücksgefühle und neue Kräfte bringt, wenn wir z. B. ein Problem gelöst haben. Doch wenn 

Langweilig wurde es dabei nicht, auch dank der beiden Moderatoren Beatrice und Matthias Schenk, die im Schloss Freudenberg, Wiesbaden, tätig sind. Die beiden verwiesen mit Repliken auf Goethes Faust etwa auf die Vergeblichkeit intellektuellen Wissens, das für sich allein nicht zur Lebensbewältigung ausreicht. „Da steh ich nun, ich armer Tor // Und bin so klug als wie zuvor.“Es müssen andere Qualitäten dazu kommen, damit während Lebenskrisen innerlich Zuversicht und Lebensmut wachsen können. Wie das gelingen kann, darüber entspann sich an den Tischen ein Austausch, der gegen Ende zeigte, dass sich in den Gesprächskreisen eine Atmosphäre von Offenheit und Vertrauen gebildete hatte. Das heißt, es war gelungen, über persönliche Krisen zu sprechen.

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Was also tun bei Ohnmachterlebnissen und wie geht es danach weiter? Hausleiter Uwe Scharf schauteauf die Stressforschung, die drei Bereiche unterscheidet. Einmal die Komfortzone, in der wir uns sicher und geborgen fühlen, gefolgt von der Herausforderungszone, die uns auch Glücksgefühle und neue Kräfte bringt, wenn wir z. B. ein Problem gelöst haben. Doch wenn die Herausforderungen ihren Dienst versagen und keine Glückgefühle mehr erzeugen, dann bewegen wir uns in der Überforderungszone, die für Angst und Ohnmacht steht.

Welche Haltung ist hilfreich, um Ohnmacht zu bewältigen?

Wolfgang Kilthau, anthroposophische Gesellschaft Frankfurt, erzählte dazu eine Geschichte, mit der die Gruppen vormittags mit der ersten Diskussionsrunde begannen. Die Geschichte handelte von zwei alten Frauen in Alaska, die während eines strengen Winters von ihrem Stamm allein gelassen wurden, weil es zu wenig zu essen gab.

Abgesehen davon, dass die beiden Verlassenen eine sehr große menschliche Enttäuschung erlitten und großer Angst ausgeliefert waren, entschieden sie sich dennoch für ihre Überlebenssicherung, statt tatenlos auf den Tod zu warten.

Mit dieser Erzählung im Hinterkopf gingen die Gruppen auf private und berufliche Konfliktsituationen ein. Etwa wenn ein Elternteil im Sterben liegt und die Geschwister unterschiedlicher Ausfassung sind, ob zur besseren Versorgung die Klinik gewählt werden sollte, statt die wunschgemäße häusliche Umgebung beizubehalten. Die jeweils Verantwortlichen geraten dabei in tiefe menschliche Konfliktsituationen darüber, was zu tun ist.

Welch´ emotionaler Aufruhr entstehen kann, wenn berufliche Identität durch Diskriminierung verletzt wird, weil ein älterer Mitarbeiter scheinbar nicht mehr ins digitale System passt, wurde an Beispielen thematisiert. Was macht das mit den Betroffenen, was unternehmen sie dagegen? Daher ging es nächsten Schritt ginge um Lösungen dieser Lage.

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Wie bin ich aus der Ohnmacht in die Offensive gekommen?

In einer Expertenrunde berichtete Renate Wahl, Mitglied der Wohngemeinschaft unterm Dach in Aja’s Gartenhaus, von ihren Ohnmachtserlebnissen, wenn sie nachts plötzlich wach wird. Dann macht sie sich Sorgen um die Kinder, um eine Nachricht über eine schwer erkrankte Freundin oder grämt sich, dass der Stressteufel sie nicht wieder einschlafen lässt. Denn die Gedanken kreisen unentwegt durch den Kopf. Eine Liste unerledigter Dinge erzeuge unüberwindliche Berge. Um diesem sinnlosen Gedankenkarusell nicht mehr hilflos ausgesetzt zu sein und Herr über die eigenen Gedanken zu werden, habe sie ein Achtsamkeitstraining besucht. Hier habe sie neben Atemtechniken und Meditationsübungen ganz bewusst ihre Gedanken zu kontrollieren gelernt, um mehr im Hier und Jetzt zu leben. Dank der Übungen gelinge es ihr immer mehr, die nächtlichen Gedanken wegzuschieben und wieder einzuschlafen.

Lilo Ratz, die Veranstaltungen im Haus organisiert, erzählte von ihren Ängsten, als Lehrerin vor Gruppen zu sprechen. Das habe sie sogar zu einem Berufswechsel bewegt. Heute unterrichtet sie auch wieder, dieses Mal Flüchtlinge, denen sie die deutsche Sprache vermittelt – ganz ohne Angst.

“Das Unvorhersehbare, Instabile ist die neue Normalität”

Dieses Zitat des Koordinators der US-Nachrichtendienste, James Clapper, hob Johannes Riesenberger hervor. Er leitet den Sozialdienst im Haus. Weiter führte er aus, dass die Gegenwart erfordere, wach zu werden, um Situationen zu gewahren und sich selbst dabei bewusst und kritisch zu betrachten.

Danach starteten die Gruppen in die zweite Runde, wohl wissend, dass die meisten Situationen nicht durch Willenseinsatz bewältigt werden können und wir ihnen ausgeliefert sind. Wenn etwas aus böser Absicht geschieht, kann es sich auch genau in sein Gegenteil verkehren. Es handelt sich um Zusammenhänge, die weder steuer- noch planbar und damit schicksalhaft sind. Es folgen einige Resultate aus dem zweiten Teil der Gruppenarbeit:

„Je mehr ich mich der Angst nähere, desto kleiner wird sie. Ein Erfolg.“

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„Hilfe annehmen, um Ängste schrittweise zu reduzieren.“

„Wichtig ist das Annehmen der Kalamität, egal wie sie ist! Dieses Annehmen verschafft inneren Schutz“

„Wie kommen ich vom Tun zum Lassen? Sich das Loslassen trauen, um zu Neuem zu gelangen.“

„Was tun, wenn der Boden unter den Füßen weggerissen wird? Sich sofort auf etwas anderes fokussieren.“

Lebensmut ist ein errungener Lebensmut

Egal wie alt ein Mensch ist, er sei aufgrund seines Lebens befähigt, etwas Neues und Existenzerhaltendes zu tun, so Wolfgang Kilthau. Er erzählte zudem den Ausgang der Geschichte über die beiden alten Frauen. Diese hatten überlebt, weil sie ein Wohnlager mit Tieren eingerichtet hatten. Zu guter Letzt trifft ihr Stamm nach langer Zeit wieder mit ihnen zusammen. Eine nicht leichte Situation. Hier wieder miteinander Kontakt aufzunehmen, das setzte Mut voraus, den der Stamm aufzubringen habe. Die beiden Frauen haben durch ihr Überleben eine Größe erreicht, die sie nicht nur zum Weitermachen befähigte, sondern ihnen gar einen Kraftgewinn gesichert hat, den die Stammesmitglieder durch ihr Handeln aufs Spiel gesetzt hatten.

Text: Beate Glinski-Krause

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